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Marcel Maas und Lutz Woellert
Gründer der Agentur Die Spielmacher
„Jedes Spiel beginnt mit der Ansicht einer Grenze“
Die Spielmacher bestehen aus den zwei Diplom-Kulturwissenschaftlern Marcel Maas und Lutz Woellert, die ganz im Sinne von Mary Poppins (und allen anderen Spielgrößen) Inhalte mit und in Spielen vermitteln. Doch wo Mary Poppins pädagogisch daherkommt und versucht, uns die Medizin mit einem Löffel Zucker zu versüßen, geht es den beiden glücklicherweise nicht darum, uns zu erziehen. Ganz im Gegenteil. „In Spielen schafft man es, Menschen für einen temporären Abschnitt in einen völlig fremden Raum zu bringen, in dem man jemand anderes sein kann. Und diesen Raum wiederum, der sehr frei ist, kann man mit Inhalten füllen.“ Seien es Kommunikationsinhalte oder Prozesse, alles lässt sich bei den Spielmachern eingliedern in den magischen Kreis, in den man tritt, wenn man spielt. „Wir aktivieren den Spieltrieb der Menschen, um ihr Denken und Handeln zu verändern. Wir entwickeln Strategien, die fernab des Bildschirms zum Leben erwachen, um mit der Umwelt und ihren Bewohnern zu interagieren. Guerilla-Marketing gehört ebenso dazu wie die Entwicklung von Spielprodukten für Unternehmen.“ Sie nennen das Offline-Gamefication.
Eigentlich sind sie eine Agentur für Erlebnisse, sagen sie selbst. Besondere Erlebnisse, die im Kern von Spielmechanismen getragen sind. Dabei nutzen sie theatrale und künstlerische Methoden und setzen diese durch jahrelange Projekterfahrung im Kultur- und Veranstaltungsmanagement um. Und hinterlassen dabei legendäre Erinnerungen.
„Manchmal weiß man am Anfang noch nicht, wohin alles führt. Und das macht es spannend.“
Die Spielmacher verstehen sich als Ideenentwickler und Vorlagengeber für Unternehmen, Personen, Kommunen und Institutionen. Dabei können sie sowohl Projekte von der Konzeptphase aus koordinieren als auch Teilaufgaben als Projektpartner übernehmen. Und anstatt als Leiter fernab zu stehen, werfen sich die Spielemacher immer wieder zuerst selbst hinein. „Wir riskieren uns als Spielleiter auch gerne. Manchmal weiß man am Anfang noch nicht, wohin alles führt. Und das macht es spannend.“ Lange haben die beiden überlegt, den roten Buzzer, den man aus Spielshows kennt, zu ihrem erklärten Symbol zu machen, da er genau das zusammenfasst, was Spiel bedeuten kann. Zum einen das Verlangen draufzudrücken auf den großen roten Knopf und den Startschuss zu geben – und zum anderen die gefährliche Seite des roten Buzzers: Raketen werden gezündet, die Welt geht unter, das Atomkraftwerk wird evakuiert. „Man weiß nie, was passiert.“ Und das Risiko gehen sie ein. Ob es ein seriöses Marketingkonzept ist, ein Stadtspiel, Spiele und Streiche für Mitarbeiterfeste und Messen, das Erfinden neuer Sportarten, einfach mal jemanden foppen, Hamlet umschreiben – die Spielmacher regeln das. „Uns musste auch erstmal gesagt werden, dass wir diese Extreme ausbauen und nicht abschleifen müssen.“
Was mancher als extrem oder ein wenig albern empfindet, das feiern die Spielmacher. Ihr Newsletter ist auf erfrischend unverschämte Art witzig, ab und zu gibt es sogar Post von Gott oder dem Weihnachtsmann. Die Spielmacher sind anders und das ist ihre Stärke. Aber das mussten sie auch erst mal lernen. „Uns musste auch erstmal gesagt werden, dass wir diese Extreme ausbauen und nicht abschleifen müssen. Das es das ist, was uns besonders macht und wofür man Geld nehmen kann.“ Wie viele junge Selbstständige fragen sie sich, wie man eigentlich eine Idee beziffert, wie viel man fürs Gedankenmachen fordern kann. Mittlerweile sind sie da aber an einem pragmatischen Punkt angekommen: „Wenn du nicht vermittelst: ‚Ich bin gut und will viel Geld haben‘, wirst du niemals gut sein und viel Geld haben.“
Sprache ist ein weiteres Feld, mit dem sie sich beschäftigen. Sie fragen sich, warum jeder zwar ein ganz eigenes Logo haben will, aber alle das Gleiche schreiben. Um aus dieser Klischeefalle herauszukommen und die unnötig engen Konventionen der Corporate Language zu sprengen, setzen die Spielmacher die Erfahrungen aus ihrem Studium des Kreativen Schreibens ein; sie wollen auch Sprache spielerischer machen. Sie haben den literarischen
Blick, halten Vorträge, geben Workshops und entwickeln neue Sprachwelten für ihre Kunden. Darunter zählt auch die Erfindung narrativer Strukturen im Storytelling für Produkte oder Veranstaltungen. Dabei arbeiten sie mit Humor, Eigensinn und Poesie für eine sprachlich schönere Welt. Ihr vorrangiges Ziel ist die Veränderung überkommener Strukturen und Denkmuster. Geht nichts, gibt’s erst mal nicht. Und das hat dann mit albern nur noch sehr wenig zu tun.
„Wir sind Networker und arbeiten gerne mit anderen zusammen, die andere Kompetenzen mitbringen.“
Ansässig in Hannover-Linden arbeiten sie mit den Kreativen der Stadt und Region zusammen und bauen z.B. am kre|H|tiv Netzwerk Hannover mit. Gerade jetzt laufen die ‚DADA-lympics‘ an, die Sport+Art, also Sport und Kunst miteinander verbinden soll, bei denen neue abstruse Sportarten erfunden und gespielt werden. Es wird geslammt, geskatet und hochgestapelt. Alle Mitspieler treffen sich bei ‚Lutopia‘, dem hauseigenen Social Network und können sich kostenlos anmelden für Teams und Events. Und selbst das Netzwerk Lutopia sträubt sich gegen die Konventionen, die Nutzer von Social Networks wie facebook an den PC fesseln. Lutopia findet draußen statt, indem Spieler zusammenkommen und sich für Aktionen und Events zum Spielen treffen, wie bei den DADA-lympics. So kann das Netzwerk gleichermaßen als Plattform und als Kooperationspartner für die Events anderer Veranstalter fungieren. Und darin liegt der Trick, die Gratwanderung die die Spielmacher immer wieder machen: Im Spiel, im Event, im Netzwerk versteckt sich, ohne dass wir es merken, der Mehrwert für die Nutzer und die Unternehmen. Was die Spielmacher so gut macht. Weswegen die Spielmacher viel Geld bekommen sollten. Denn ihr erklärtes Ziel ist hochgesteckt: einmal die ganze Welt reinlegen.
Text: Julia Heuser