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Kulturstaatsministerin Claudia Roth zu Gast im Kulturpolitischen Salon

lundi, 20. janvier 2025 um 09:39 Uhr

Am 7.1.2025 fand der Kulturpolitische Salon in der Heinrich-Böll-Stiftung statt. Staatsministerin Claudia Roth, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, war zu Gast und im Gespräch mit Julius Heinicke, Professor und UNESCO-Lehrstuhlinhaber für Kulturpolitik an der Universität Hildesheim. Jan Philipp Albrecht, Vorstand der Böll-Stiftung, betonte bei seiner Begrüßung, wie wichtig Raum derzeit für kulturpolitische Diskussionen sei und Wibke Behrens, Vorständin der Kulturpolitischen Gesellschaft, beschrieb den Status der Kulturpolitik, insbesondere in Berlin aufgrund der Kürzungen, als äußert herausfordernd und hob den Leitsatz der KuPoGe mit „Mehr Kultur wagen!“ hervor.

Das Gespräch mit Claudia Roth eröffnete Julius Heinicke mit einer Frage zum Rückblick auf ihre erste Amtszeit als Staatsministerin: Welche Vorhaben konnten umgesetzt - Welche nicht abgeschlossen werden?Claudia Roth betonte, dass die Regierungsparteien einen guten Koalitionsvertrag erstellt hätten. Dabei sei das Staatsziel Kultur in ihrer Vielfalt umstritten gewesen: Wer ist unsere Gesellschaft? Wie sehen Kulturen der Vielfalt aus? Das sind konträr diskutierte Themen. Nach dem Abschluss des Koalitionsvertrags sah sich die Regierung mit großen Krisen konfrontiert, wie der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und der Nahost-Konflikt. Die Debatte um Antisemitismus im Kontext der documenta fifteen stellte Claudia Roth als Staatsministerin vor große Herausforderungen. 

Den KulturPass für Jugendliche bezeichnet sie als einen ihrer größten Erfolge, ebenso die Green Culture Anlaufstelle. Mit dem Förderprogramm „Aller.Land“ hat das BKM gemeinsam mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft „ein ressortübergreifendes Vorhaben zur Förderung von Kultur, Beteiligung und Demokratie in ländlichen, insbesondere strukturschwachen Regionen gestartet“[1].  Neben dem Staatsziel Kultur in ihrer Vielfalt, war das Thema Erinnerungskultur ein umstrittenes Thema. Hier hat das BKM unter anderem das Projekt „Deutsch-Polnisches Haus“ auf den Weg gebracht.

Auf Heinickes Frage, welche Verantwortung der Kunst und Kulturbetrieb in Bezug auf gesellschaftliche Debatten hat, betonte die Staatsministerin, dass es wichtig ist, Debatten zu führen, zum Beispiel zum Thema Erinnerung und Kolonialismus. Es gebe dort einen riesigen Nachholbedarf. Große Teile der Gesellschaft hätten zu wenig Ahnung von den Geschichten, die mit eingewandert seien. Daher sei es wichtig, Räume für gesellschaftspolitische Aufgaben zu schaffen. Kultur könne diese Räume bieten. Als eine weitere Herausforderung für die Kultur(-politik) sieht Claudia Roth den anwachsenden Antisemitismus. Klauseln seien dabei nicht der richtige Weg, vielmehr die Aufgabe der Kulturinstitutionen einen Umgang mit dem wachsenden Antisemitismus zu finden. Dies könne zum Beispiel durch Awareness Teams, Coachings oder einem Code of Conduct passieren. Wichtig sei vor allem, dass Kunst und Kultur Räume für Diskussionen öffnen.

Die Staatsministerin ging in ihren Ausführungen auch auf Kürzungen ein, die Kommunen, Länder, aber auch den Bund betreffen. Darunter leide vor allem die freie Szene. Die Breite der Kultur ist das Besondere in unserem Land und um die Rahmenbedingungen für diese Breite zu erhalten, so die Staatsministerin, braucht es eine staatliche Kulturförderung. Der Wirtschaftsfaktor von Kultur sei ebenfalls nicht zu unterschätzen. Zum Beispiel sei die Berlinale ein riesiger ökonomischer Faktor für Berlin. Mit den Kürzungen schade die Stadt sich selbst.

Im Anschluss wurde der Raum für Fragen aus dem Publikum geöffnet. Dabei beschäftigte das Publikum zunächst die Frage Wie können wir die nachwachsende Generation für Demokratie motivieren? Und Was können wir tun, um die Demokratie zu retten? Dies sei die große und zentrale Frage, so Roth. Bei den Besuchen in der Ukraine sei ihr bewusst geworden, wie sehr Kunst und Kultur für die Demokratie unterschätzt werden. Um gegen den wachsenden Rechtsdruck vorzugehen, hat das BKM mehrfach den runden Tisch gegen Rechts organisiert und der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 möglichst viel Förderung vor Amtszeitende zur Verfügung gestellt. Im Publikumsgespräch verweiste René Böll auf die Rede „Ende der Bescheidenheit“ seines Vaters Heinrich Böll. Er bemängelte, dass Künstler*innen zu wenig Geld verdienen und zu bescheiden sind. Auf diesen Kommentar antwortete Claudia Roth, dass die Koalition die Honoraruntergrenzen bei der Kulturförderung eingeführt hat, an denen das BKM beteiligt ist.

Ein wichtiger und spannender Punkt an diesem Abend war, dass sich Claudia Roth auf einer Nachfrage von Julius Heinicke für ein Bundesministerium für Kultur und Medien aussprach. Ein solches fordert auch der Kulturrat für die Neuwahlen im Februar ein. Es gehe dabei um ein Ministerium, das nach innen und außen wirkt und neben dem Auswärtigen Amt sowie den Bundesländern und Kommunen in kooperativer und sich ergänzender Weise existiere.

Ein großes Dankeschön an Claudia Roth, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, sowie an die Veranstalter*innen des Abends: Kulturpolitische Gesellschaft e.V.Wibke Behrens, Dr. Annette JaglaDr. Tobias J. Knoblich. Institut für Kulturpolitik, Universität Hildesheim: Prof. Dr. Julius HeinickeProf. Dr. Birgit Mandel. Freundinnen und Freunde der Heinrich-Böll-Stiftung: Ulrike Cichon Heinrich-Böll-Stiftung e.V.: Jan Philipp Albrecht, Karin Lenski und natürlich ebenso Claudia Frenzel-Müncheberg vom Büro Claudia Roth und Dr. Jens Althoff vom BKM.

 

Von Janna Flöttmann

[1]    BMEL - Freizeit + Kultur - "Aller.Land – zusammen gestalten. Strukturen stärken."