Streitgespräch fragt nach dem Recht auf Internet

lundi, 16. avril 2012 um 10:33 Uhr

Das Streitgespräch „Freier Internetzugang für alle: Gibt es ein Recht auf Internet?“ lockte rund 130 Zuhörer in den Hörsaal der Stiftung Universität Hildesheim. Die Ringvorlesung „Demokratie und Internet" nimmt jeden Mittwoch aktuelle Aspekte im Themenfeld Demokratie und Internet in den Blick.

An der Universität Hildesheim diskutierten am Mittwoch, 11. April 2012, der Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek von der CDU/CSU, Michele Marsching, 1. Vorsitzender des Landesverbands NRW der Piratenpartei und Malte Spitz, Mitglied im Bundesvorstand Bündnis 90/Die Grünen, zum Thema „Freier Internetzugang für alle: Gibt es ein Recht auf Internet?“ Das von rund 130 Zuhörern besuchte Streitgespräch bildete den Auftakt zur Ringvorlesung „Demokratie und Internet“ und wurde von Prof. Dr. Marianne Kneuer vom Institut für Sozialwissenschaften, Fach Politikwissenschaft, moderiert.

Während keiner der Referenten in den Kurzstatements zu Beginn ein Grundrecht auf das Internet und seine Nutzung in Frage stellte, gab es zahlreiche Unterschiede in den jeweiligen Positionen, wie dieses Recht und der verantwortungsvolle Umgang damit zu implementieren seien. Alle gingen in dem Punkt konform, dass es einen Bedarf an Kontrollen im Internet gebe. Dennoch plädierten die Diskutanten für  ein unterschiedliches Maß an der Verhältnismäßigkeit im Umgang mit Sicherheit im Internet und ihrer Durchsetzung durch den Staat. Jarzombek verwies dabei auf nötige Stichprobenkontrollen, nicht so Marsching und Spitz. Zur Frage der Anonymität sah Marsching ein großes Spannungsfeld zwischen den Personen, die ihre Anonymität im Internet wahren wollen und denen, die sich freiwillig mit ihrem „Klarnamen“ dort bewegen. Laut Jarzombek liegt das Problem in den unterschiedlichen Speicherpraktiken von Unternehmen wie Google oder Vodafone. Dabei müsse man auch sehen, dass die durch private Unternehmen über Internetnutzer gespeicherten Daten die umstrittene staatliche Vorratsdatenspeicherung weit übertreffen, so Jarzombek. Marsching jedoch warf in diesem Kontext ein, dass es mit Blick auf private Unternehmen Alternativen gäbe, jedoch nicht beim Staat. Für ihn zählt die Medienkompetenz der Nutzer, welche für alle Teilnehmenden auf dem Podium von entscheidender Bedeutung im Umgang mit dem Medium Internet ist.

Im Anschluss an das Podiumsgespräch öffnete Prof. Kneuer das Podium für Fragen aus dem Publikum, welche vor allem auf umstrittene Themen des Datenschutzes (bspw. Gesundheitskarte der gesetzlichen Krankenkassen) und der aktuellen Debatte zu ACTA  (Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen) abzielten. Mit ACTA soll ein international gültiger Rechtsrahmen unter anderem gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet geschaffen werden. Die Diskutanten sahen gemeinsame europäische Richtlinien für angebracht, äußerten auch Bedenken aufgrund der Beteiligung von privaten Firmen und Lobbygruppen in der Formulierung des Abkommens.

Prof. Kneuer wies in ihrem Fazit darauf hin, dass das Recht auf freien Zugang die eine Seite der Medaille sei, die andere aber der Umgang mit dem Netz und der Umgang mit dessen Inhalten. Insofern sei die Forderung nach Medienkompetenz und einem verantwortungsvollen Umgang die eigentliche Herausforderung. Hier liege ein wichtiger Auftrag vor allem für künftige Lehrerinnen und Lehrer.

Ringvorlesung „Demokratie und Internet: Nationale und internationale Aspekte“
Auch die nächsten Sitzungen der Ringvorlesung, jeweils mittwochs von 18:00 Uhr c.t. bis 20:00 Uhr im Hörsaal 2 (Marienburger Platz 22, 31141 Hildesheim), werden spannende Aspekte im aktuellen Themenfeld Demokratie und Internet ansprechen. Die interessierte Öffentlichkeit ist eingeladen, an der Ringvorlesung teilzunehmen. Am 18. April führt Prof. Kneuer eine Bestandsaufnahme zum Thema Demokratie und Internet aus. Am 25. April spricht Prof. Dr. Joachim Griesbaum über „Architektur und Technik von Web 2.0“. Am 2. Mai referiert Dr. Michael Paetau zum Thema „E-Democracy: Neue Formen politischer Mitgestaltung durch E-Petitionen und E-Wahlen“.