Politikwissenschaft: Juniorprofessor für Politik und Internet

vendredi, 27. janvier 2017 um 14:36 Uhr

Neu an der Universität Hildesheim: Wolf Schünemann forscht zu Internetregulierung, Cybersicherheit und politischer Online-Kommunikation. Der Politikwissenschaftler hat in Hildesheim die Juniorprofessur für Politik und Internet inne.

Wolf Schünemann hat seit Herbst 2016 an der Universität Hildesheim die Juniorprofessur für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Politik und Internet inne.

Er lehrt und forscht zu Themen der Internationalen Beziehungen, der europäischen Integration und seit einigen Jahren auch zur Netzpolitik. Arbeitsschwerpunkte in der Forschung sind unter anderem Cybersicherheit, Internetregulierung, Datenschutz, Netzneutralität sowie EU-Referenden. Der Politikwissenschaftler hat zuvor an den Universitäten Heidelberg und Koblenz-Landau gearbeitet. In seiner Forschung befasst sich Schünemann mit der internationalen politischen Gestaltung, der Verrechtlichung und Nutzung des Internets und den entstehenden Konflikten zwischen transnationalen, grenzüberschreitenden Ansprüchen der Internetentwicklung und strukturellen nationalen Hemmnissen.

Forschungsfragen betreffen zum Beispiel die Politik im Netz: Wie verändern sich politische Kommunikation und Wahlkämpfe im digitalen Zeitalter? Wolf Schünemann untersucht das Diskursverhalten in sozialen Netzwerken, etwa im anstehenden Bundestags- und Landtagswahlkampf in Niedersachsen. „Allerdings werden der Hype und die Verunsicherung über die Rolle von Twitter und anderen sozialen Medien im Wahlkampf (siehe Trump 2016) vergehen, das wird Normalität. Überhaupt wird man in vielen Bereichen die Zwei-Welten-Logik – online/offline – aufgeben müssen“, so Schünemann.

Was bleibt, sind die drängenden Fragen der Politik für das Netz: Kann man das Internet regieren, kontrollieren? Wie kann und muss die Regulierung aussehen? Die Antworten sind von den Wertvorstellungen in den einzelnen Gesellschaften abhängig. „Ein halbes Jahrhundert nach den Anfängen des Internets, das mittlerweile zu einem Massenmedium geworden und aus dem Alltag nicht wegzudenken ist, entsteht aus der anfänglichen Euphorie ein kritischeres Bewusstsein, einschließlich zunehmender Forderungen nach politischer Regulierung“, sagt Schünemann.

Öffentliche Antrittsvorlesung

  • Thema der Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Wolf Jürgen Schünemann: „Nation und Netz. Politikwissenschaftliche Annäherungen an eine beharrliche Gemeinschaftsform“
  • Wann? Mittwoch, 1. Februar 2017, 18:00 Uhr c.t.
  • Wo? Hörsaal 4, im Forum der Universität Hildesheim, Universitätsplatz 1

In seiner Antrittsvorlesung an der Universität Hildesheim geht Wolf Schünemann auf grundlegende Fragen der gesellschaftspolitischen Gestaltung des digitalen Zeitalters ein. Der Juniorprofessor erläutert, inwiefern die Entwicklung des Internets mit Blick auf das Politische ihr zentrales Versprechen eingelöst hat, zu einer „Transnationalisierung“ beizutragen, also den Nationalstaat tendenziell zu überwinden.

Der Hildesheimer Politikwissenschaftler analysiert, wie im World Wide Web über globale Themen diskutiert wird (etwa Klimapolitik und Internetregulierung).  „Außerdem schaue ich auf die globalen Regulierungen, die das technische Funktionieren des Internets überhaupt ermöglichen. Wie etwa kommt es zu einer weltweit verbindlichen Zuweisung von IP-Adressen und Domain-Namen – etwa Uni Hildesheim und die IP-Adressen der zugehörigen Server?“, so Schünemann.

Im letzten Teil der Antrittsvorlesung analysiert der Politikwissenschaftler staatliche Regulierungsanstrengungen: Wie wird die Regulierung von Internetinhalten in Demokratien und Autokratien betrieben? „Blicken wir auf Autokratien, so beobachten wir häufig politisch motivierte Zensur. Aber auch in den Demokratien, nicht zuletzt in Deutschland, sind vermehrt Forderungen zu hören, Internetinhalte stärker zu überwachen und Anbieter zu verpflichten, Inhalte gezielt entfernen zu lassen.“ Wolf Schünemann geht auf die aktuelle Debatte über „Fake News“ und Cyberangriffe im bevorstehenden Bundestagswahlkampf sowie Landtagswahlkamp ein. Der Vortrag ist öffentlich, interessierte Bürger sind herzlich eingeladen, mit dem Professor ins Gespräch zu kommen.

Politikwissenschaftler Wolf Schünemann über Fakten in Wahlkämpfen:

„Der Faktenchecker hatte es in Wahlkämpfen schon immer schwer, weil das Wahlkampfgeschehen zum Zeitpunkt des Checks meist schon über ihn hinweggegangen ist. Faktische und andere Informationen, die in Wahlkämpfen zirkulieren, machen Wirklichkeiten aus. Wahrheit und Vernunft werden und wurden allenfalls prozedural hergestellt. Ihnen muss also im stets fortlaufenden Wechselspiel von Argument und Gegenargument für eine gewisse Dauer Geltung verschafft werden. Hierzu – und das ist der für mich entscheidende Punkt – brauchen wir Räume der Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit. Die digitalen Medien, die hochgradig fragmentierte Informations- und Kommunikationskanäle bieten, führen zu einer Zergliederung und Auflösung dieser Räume. Hier sehe ich ein gravierendes Problem für die demokratische Öffentlichkeit durch digitale Medien. Das demokratische Versprechen des Internets ist mit der Überwindung der Gatekeeper – klassischerweise Redakteure und Journalisten, die darüber entscheiden, was publiziert wird – zur politischen Öffentlichkeit verbunden. Mit der Abschaffung der Gatekeeper lösen sich auch die ‚Plätze‘ des Meinungsaustauschs und der Wahrheits- und Willensbildung auf.“

Hildesheimer Forschungsfokus „Politik und Internet“

Wer sich mit den Auswirkungen des Internets auf die Gesellschaft und den Verflechtungen zwischen World Wide Web und Politik befasst, landet früher oder später in Hildesheim. An der Universität hat Professorin Marianne Kneuer seit 2011 den Forschungsschwerpunkt „Politik und Internet“ aufgebaut. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen etwa, welche Rolle soziale Medien in Protestbewegungen spielen und wie Regierungen ihre Verwaltung effektiver gestalten oder ihre Bürger stärker in Partizipationsprozesse einbeziehen. Entstanden ist etwa das Buch „Soziale Medien und Protestbewegungen“ von Marianne Kneuer und Saskia Richter. Ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes Projekt widmet sich derzeit Strategien autoritärer Regime.

Medienkontakt: Pressestelle der Universität Hildesheim (Isa Lange, presse@uni-hildesheim.de, 05121.883-90100 und 0177.8605905)

Am Mittwoch, 1. Februar 2017, gibt der Politikwissenschaftler Einblicke in seine Forschung.


„Ein halbes Jahrhundert nach den Anfängen des Internets, das mittlerweile aus dem Alltag nicht wegzudenken ist, entsteht aus der anfänglichen Euphorie ein kritischeres Bewusstsein“, sagt Wolf Schünemann. Seit Herbst 2016 lehrt und forscht der Politikwissenschaftler als Juniorprofessor für Politik und Internet an der Universität Hildesheim. Fotos: Isa Lange/Uni Hildesheim

„Ein halbes Jahrhundert nach den Anfängen des Internets, das mittlerweile aus dem Alltag nicht wegzudenken ist, entsteht aus der anfänglichen Euphorie ein kritischeres Bewusstsein“, sagt Wolf Schünemann. Seit Herbst 2016 lehrt und forscht der Politikwissenschaftler als Juniorprofessor für Politik und Internet an der Universität Hildesheim. Fotos: Isa Lange/Uni Hildesheim