Dr. Björn Onken (Kassel): Praxisbericht aus der Schule zum Thema "Kreuzzüge"

Die unterrichtlichen Erfahrungen zeigen, dass die Kreuzzüge für den Geschichtsunterricht ein Thema mit vielen Chancen und Möglichkeiten sind, die in der bisherigen didaktischen Literatur noch nicht ausreichend gewürdigt worden sind. Vor allem das vergleichsweise große Schülerinteresse an den Kreuzzügen eröffnet didaktischen Chancen, die dem Thema Kreuzzüge ein besonderes Lernpotential verleihen. In empirischen Untersuchen hat sich gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler Geheimisvolles und Abenteuerliches an geschichtlichen Themen besonders schätzen, was von den Schülerinnen und Schülern auch mit den Kreuzzüge in Verbindung gebracht wird. Dazu trägt bei, dass seit 2004 in fast jedem Jahr im Fernsehen oder Kino mindestens ein neuer Film zu den geheimnisumwitterten Tempelrittern zu sehen ist. Aber auch historische Romane bzw. Jugendbücher und Computerspiele wecken das Interesse der Jugendlichen am Thema. Einige der Schülerinnen und Schüler erwerben deshalb schon außerschulisch ein zum Teil durchaus umfangreiches Wissen zu den Kreuzzügen durch Fernsehdokumentationen oder Sachbücher, von denen eine ganze Reihe gezielt für ein jugendliches Publikum auf den Markt gebracht worden ist.

Für den Unterricht ergibt sich daraus die Schwierigkeit von sehr heterogenen Voraussetzungen innerhalb der Lerngruppen, aber auch viele Schülerinnen und Schüler ohne besondere Vorkenntnisse lassen sich von den abenteuerlichen und exotischen Aspekten des Themas begeistern. Insbesondere das Interesse der Jungen kann verhältnismäßig schnell geweckt werden, da sie sich allgemein mehr für das Thema Ritter interessieren. Die Faszination der Reisen in ferne Länder und die fremden Kulturen können aber auch Mädchen in ihren Bann ziehen. Das Thema Islam stößt nicht zuletzt aufgrund der von Thilo Sarrazin angestoßenen Debatten ohnehin auf Interesse bei den Schülerinnen und Schülern. Hier sind die Vorkenntnisse der Schülerinnen und Schüler allerdings mehr von Vorurteilen als von tatsächlichem Wissen geprägt. Insbesondere wird den Muslimen fälschlich unterstellt, die allgemeine Pflicht zum heiligen Krieg zur Ausbreitung ihrer Religion zu haben, was sich anhand der Kreuzzüge anschaulich widerlegen lässt.

Ausgehend von dem ausgeprägtem Schülerinteresse bietet das Thema Kreuzzüge die Chance zum interkulturellem Lernen und zur Multiperspektivität, so dass die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zur Orientierung in der globaliserten Welt besonders gefördert werden können. Dazu kommt noch ein ganz aktueller tagespolitischer Bezug, da der Begriff „Kreuzzug“ auch im heutigen interkulturellem Diskurs ein wichtige Rolle spielt. Das Nachdenken über das eigentlich paradoxe Töten im Namen Gottes führt in diesem Zusammenhang zur Schulung der Reflexions- und Deutungskompetenzen. Für die Schülerinnen und Schüler sehr überraschend und bemerkenswert ist der Kreuzug von Friedrich II., der zeigt, dass selbst zwischen antagonistischen und kriegerisch geprägten Gesellschaften eine friedliche Form der Konfliktlösung möglich ist.

In methodischer Hinsicht erlaubt das Thema Kreuzzüge vielfältige Zugänge. Es muss vermeiden werden, sich in der chronologischen Aufzählung der Kreuzzüge zu verlieren. Die Chronologie kann durch eine Zeitleiste aufgefangen werden, um den Rahmen für eine arbeitsteilige Gruppenarbeit oder einen thematisch orientierten Frontalunterricht zu schaffen.