Junior-Forschergruppe in Madagaskar

Montag, 25. März 2013 um 15:38 Uhr

Am Alaotra-See entwickelt eine Forschergruppe der Universität Hildesheim bis 2015 mit der Bevölkerung vor Ort Strategien zum Erhalt der biologischen Vielfalt. Die invasive Wasserhyazinthe verursacht ökologische Probleme, bietet aber ein ungeahntes Nutzungspotential.

Das Feuchtgebiet am Alaotra-See wird durch Bevölkerungszunahme, eingeschleppte Arten und Übernutzung der natürlichen Ressourcen stark bedroht. Neben ökologischen Untersuchungen und nachhaltigen Nutzungskonzepten soll vor allem die Umweltbildung vor Ort gestärkt werden, erklärt Prof. Dr. Mantilla-Contreras, Leiterin der Forschergruppe und Juniorprofessorin für Ökologie und Umweltbildung an der Universität Hildesheim. 

Die Region am Alaotra-See ist ökonomisch bedeutsam, da sich dort das größte Reisanbaugebiet Madagaskars befindet. „Der dort angebaute Reis ist das Grundnahrungsmittel, die Fische des Sees die Hauptproteinquelle der Menschen“, sagt Mantilla-Contreras. Um mehr Platz für Reisfelder zu gewinnen, für einen besseren Zugang zum See und aus politischen Gründen wird die natürliche Vegetation am See regelmäßig abgebrannt. Besonders wertvoll sind die Feuchtgebiete, da nur hier der Alaotra-Bambuslemur lebt. Die Art zählt zu den am stärksten bedrohten Lemurenarten und ist durch die illegalen Brände, durch Jagd und den Verlust der natürlichen Vegetation bedroht.

Ein weiteres Problem stellt die aus Südamerika stammende Wasserhyazinthe dar. „Die invasive Pflanzenart breitet sich zunehmend auf dem See aus, führt zu Sauerstoff- und Lichtmangel im See und macht die Kanäle der Fischer unpassierbar“, schildert Mantilla-Contreras. Doch aus dem Problem könnte man auch einen Nutzen ziehen: „Die Wasserhyazinthe ist wirtschaftlich verwertbar, die Bevölkerung greift darauf jedoch noch nicht zurück. Dabei könnten Flechtprodukte produziert werden, sie kann als Kompost, Viehfutter und zur Herstellung von Briketts genutzt werden.“

An dieser Stelle setzt das Konzept einer Junior-Forschergruppe an. Sollte eine regional angepasste und ökonomisch tragfähige Nutzung der Wasserhyazinthe gelingen, kann damit unter anderem gleichzeitig die Sauerstoffbilanz des Gewässers verbessert, der steigenden Verdunstung entgegengewirkt, Lebensraum für bedrohte Arten geschaffen und die Schilfregeneration auf Brandflächen erhöht werden. Außerdem können alternative Wertschöpfungsketten entwickelt werden, so die Forscher.

Drei Doktoranden der Universität Hildesheim waren seit Herbst 2012 zu Feldforschungsaufenthalten in Madagaskar und werten die Daten nun in Hildesheim aus. Wie man eine erfolgreiche Nutzung der invasiven Wasserpflanze vor Ort etablieren kann, untersucht der Promovend Tsiry Rakotoarisoa. Welche ökologischen Konsequenzen die Wasserhyazinthe für das Seeökosystem und die natürliche Vegetation hat, studiert Pina Lammers. Eine dritte Promovendin, Lena Reibelt, setzt im Bereich der Umweltbildung an, arbeitet mit Grundschulen des Umlands zusammen und entwickelt Bildungsmaßnahmen für Erwachsene und die Verbände der Fischer und Reisbauern. „Artenvielfalt und Umweltschutz spielen im Unterricht bisher kaum eine Rolle. Dadurch ist den Menschen die Einzigartigkeit ihres Naturerbes oft gar nicht bewusst. Wir wollen den Schulen vor Ort helfen diese Lücke zu schließen“, sagt Dr. Torsten Richter.

Studierende aus dem Masterstudiengang „Umweltwissenschaft und Naturschutz“ und Lehramtsstudierende der Universität Hildesheim haben die Möglichkeit im Rahmen ihrer Masterarbeit innerhalb des zweiten Feldaufenthaltes in dem Forschungsprojekt mitzuwirken.

Junior-Forschergruppe

Projektleiterin ist Prof. Dr. Jasmin Mantilla-Contreras (Arbeitsgruppe Ökologie und Umweltbildung, Abteilung Biologie). Zu den Projektverantwortlichen gehören Dr. Torsten Richter sowie Mitglieder und lokale Mitarbeiter der NGO Madagascar Wildlife Conservation. Darüber hinaus arbeitet die Forschergruppe eng mit Schulen, Wissenschaftlern und Studenten aus Madagaskar zusammen.

Aus über 100 internationalen Bewerbungen wurden drei Promotionsstipendiaten ausgewählt: Pina Lammers (Ökologische Studie), Lena Reibelt (Umweltbildung) und Tsiry Rakotoarisoa (Nachhaltiges Ressourcenmanagement). Sie sind abwechselnd für mehrmonatige Feldforschungsaufenthalte in Madagaskar und für Auswertungen in Hildesheim.

Gefördert wird die Junior-Forschergruppe durch die Bauer Stiftung in Kooperation mit der Fritz-Hildegard Berg-Stiftung im Stifterverband für die deutsche Wissenschaft. Das Projekt läuft drei Jahre und hat Mitte Oktober 2012 begonnen.

„Seine letzten Verstecke schwinden", Artikel in der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung


Sieht idyllisch aus, ist gefährdet: Der Bambuslemur braucht den Schilfgürtel am Wasser, um zu überleben. Die Wasserhyazinthe führt zu Sauerstoff- und Lichtmangel im See und macht die Kanäle der Fischer unpassierbar. Doch aus dem Problem könnte man einen Nutzen ziehen, sagen Forscher der Uni Hildesheim. Foto: Mantilla-Contreras

Sieht idyllisch aus, ist gefährdet: Der Bambuslemur braucht den Schilfgürtel am Wasser, um zu überleben. Die Wasserhyazinthe führt zu Sauerstoff- und Lichtmangel im See und macht die Kanäle der Fischer unpassierbar. Doch aus dem Problem könnte man einen Nutzen ziehen, sagen Forscher der Uni Hildesheim. Foto: Mantilla-Contreras

Sieht idyllisch aus, ist gefährdet: Der Bambuslemur braucht den Schilfgürtel am Wasser, um zu überleben. Die Wasserhyazinthe führt zu Sauerstoff- und Lichtmangel im See und macht die Kanäle der Fischer unpassierbar. Doch aus dem Problem könnte man einen Nutzen ziehen, sagen Forscher der Uni Hildesheim. Foto: Mantilla-Contreras