IT-Speed Dating: In drei, zwei, eins … zum Praktikum in der regionalen Wirtschaft

Freitag, 29. Januar 2021 um 08:50 Uhr

Passen wir zueinander? Das fragen sich Studierende der Hildesheimer IT‐Studiengänge und ihre Gesprächspartner*innen aus regionalen Unternehmen beim jährlichen „IT-Speed Dating“, einer Art Blitz-Bewerbung um einen Praktikumsplatz. 41 Bewerberinnen und Bewerber auf der einen Seite und 32 Unternehmen auf der anderen Seite des (diesmal virtuellen) Tisches waren in diesem Jahr dabei.

„Meine erste Frage lautet: Woher kennst du unser Unternehmen?“, steigt Arn Waßmann in das Gespräch mit dem Bewerber ein – gleich nachdem seine Kollegin Sophia Pfingsten geklärt hat, ob das „Du“ in dieser Video-Runde für alle Beteiligten in Ordnung ist. „Um ehrlich zu sein, bis heute kannte ich es gar nicht“, antwortet Milan Kalkenings, IT-Student im siebten Semester, wahrheitsgemäß. Genau die Antwort, mit der Waßmann gerechnet hat: „Doch, du kennst uns. Und zwar aus deinem studentischen Alltag.“ Die in Hannover ansässige HIS eG, die Waßmann und Pfingsten hier vertreten, nennt sich auch „das Softwarehaus der Hochschulen“. Die Firma hat unter anderem das Campus-Managementsystem LSF entwickelt und auch die universitäre Bewerbungssoftware der Universität Hildesheim. Bundesweit zwei Millionen Studierende täglich nutzen die Anwendungen der HIS, 300 Mitarbeiter hat das Unternehmen, zählt Waßmann auf. Er muss sich beeilen mit seiner mündlichen Mini-Unternehmenspräsentation. Insgesamt nur sieben Minuten stehen für das Gespräch im Rahmen des IT-Speed-Datings zur Verfügung – und das ist schon großzügig, wie Waßmann in der anschließenden Pause berichtet. „In den ersten Jahren waren die einzelnen Bewerbungsrunden auf fünf Minuten begrenzt.“ Die HIS, eine gemeinnützige Genossenschaft, ist schon seit 2008 dabei und hat auf diesem Weg schon viele passende studentische Praktikumsbewerber*innen gefunden. Einige Bachelorarbeiten im Auftrag der HIS, diverse studentische Aushilfsjobs und mehrere feste Arbeitsverhältnisse sind im weiteren Verlauf daraus entstanden. Arn Waßmann, der selbst an der Universität Hildesheim studiert hat, ist von dem Format IT-Speed-Dating absolut überzeugt: „Eigentlich sehe ich es fast eher so, dass wir uns als Unternehmen bei den Studierenden bewerben, nicht umgekehrt.“ Fünf ganz konkrete Praktikumsangebote – die alle je nach Entwicklung der Pandemiesituation auch remote umsetzbar wären - haben er und Sophia Pfingsten heute mitgebracht, sind aber auch offen für völlig andere Optionen, die sich vielleicht spontan im Gespräch ergeben. „Es waren schon einige vielversprechende Kandidat*innen dabei, von denen wir nun hoffen, dass sie nochmal ausführlicher mit uns in Kontakt treten.“

Das Gespräch mit dem Studenten Milan Kalkenings ist das 15., das Waßmann und seine Kollegin heute führen – und eins von 768 Gesprächen insgesamt, die zwischen den 32 teilnehmenden Unternehmen und den 41 Studierenden geplant sind.

Seit 2013 bereits gibt es das Format des Speed-Dating, mit dem regionale Unternehmen aus dem Einzugsgebiet Hildesheim, Hannover, Braunschweig, Wolfsburg mit Studierenden der IT-Studiengänge an der SUH ins Gespräch gebracht werden. Im Vordergrund steht die Vermittlung eines Platzes für das zehnwöchige Pflichtpraktikum, aber gar nicht so selten entstehen daraus auch langfristigere Formen der Zusammenarbeit. Organisiert wird das Speed-Dating von der Arbeitsgruppe BWOR am Institut für Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik, namentlich vor allem von Dr. Felix Hahne, als Praktikumsbeauftragtem der IT-Studiengänge IMIT und WINF, und seinen Kollegen. In diesem Jahr – wie auch schon 2020 – sei die Situation besonders, sagt Hahne: „Corona behindert unsere Studierenden bei der Praktikumssuche. Erstens ist die Bewerbung schwieriger, zweitens werden weniger Stellen angeboten.“ Viele Praktika werden daher als Online-Praktika geplant, von Seiten der Universität gibt es zudem Sonderregelungen für Ersatzleistungen zum Beispiel durch soziales Engagement.

Doch die Teilnehmer des Speed-Datings auf Unternehmensseite kommen in erster Linie aus dem Kreis der Partnerunternehmen der IT-Studiengänge oder sind an einer solchen Partnerschaft interessiert. Viele, aber nicht alle gehören der IT-Branche an.

Am Ende wird es ganz konkret

Mit dabei ist zum Beispiel auch die Stadt Hildesheim, vertreten durch den Leiter der IT-Abteilung, Florian Gefrörer, und seine Kollegin Doris Donath für den Bereich Organisation. Auch hier muss die Vorstellungsrunde schnell gehen: 1300 Mitarbeiter*innen von der Berufsfeuerwehr über das Ordnungsamt bis hin zu den Kindertagesstätten hat die Stadt, und entsprechend breit aufgestellt sind die Services der IT-Abteilung, erläutert Gefrörer – und wem das insgesamt zu technisch sei, der findet vielleicht in der Prozessoptimierung oder der internen Unternehmensberatung seinen Platz, ergänzt Donath. Auf die individuellen Interessen der Bewerber*innen für einen Praktikumsplatz könne man bei einer Vielzahl von Produkten und Prozessen sehr flexibel eingehen.

Die Stadt Hildesheim ist zum dritten Mal beim IT-Speed-Dating dabei und hat bisher sehr gute Erfahrungen gemacht, erzählt Gefrörer später. Acht Praktikant*innen habe man im Jahr 2019 aus dem Blitz-Bewerbungsverfahren rekrutiert, drei im Jahr 2020 und zwei konnten später als Werkstudenten übernommen werden. Auch aus der diesjährigen Runde erhofft sich die städtische Verwaltung vielversprechende Kontakte. „Wir können schon fast gar nicht mehr auf diese jungen, motivierten, kompetenten Menschen verzichten.“

Josefin-Ece Claus hört bei der schnellen Präsentation der möglichen Arbeitsbereiche aufmerksam zu. Sie ist Studentin im siebten Semester Informationsmanagement und Informationstechnologie und hat im Vorsemester ein Praktikum bei Ernst & Young in Istanbul absolviert, erzählt sie, als sie dann an der Reihe ist. Aktuell arbeitet sie neben dem Studium in einem Ingenieurbüro, hat aber Lust, auch in andere Unternehmensstrukturen Einblick zu bekommen. Und das auch gern länger als die verpflichtenden zehn Wochen, sagt sie gleich dazu. Vielleicht sogar mit der Option, im Praktikumsunternehmen auch ihre Bachelorarbeit zu schreiben?

Das ist bei der Stadt durchaus möglich, sagt IT-Chef Gefrörer. Vielleicht ergibt sich im Zuge der geplanten Digitalisierung der städtischen Bauaufsicht eine passende Option, schlägt Donath vor. Und so wird es zum Ende der sieben Minuten schon sehr konkret mit der Praktikumsplanung. „Ich schicke Ihnen eine ausführliche Bewerbung zu“, verabschiedet sich Studentin Claus schließlich. „Sehr gern!“, lautet die Antwort.

Text: Sara Reinke

 


Nicht nur das Speed-Dating musste in diesem Jahr online laufen, auch viele Praktika werden von vornherein auch als Remote-Variante angeboten. Screenshot: Felix Hahne

Das Organisationsteam des IT-Speed-Dating 2021 - obere Reihe: Abdul Hakmeh (Techniker), Dr. Felix Hahne (Wiss. Mitarbeiter), Prof. Julia Rieck (Leiterin Arbeitsgruppe BWOR). Unten: Marcel Spark, Michael Ganske (Studenten) Screenshot: Felix Hahne

Doris Donath und Florian Gefrörer von der Stadt Hildesheim im Gespräch mit Josefin-Ece Claus. Screenshot: Sara Reinke

Milan Kalkenings (unten rechts) stellt sich bei Sophia Pfingsten und Arn Waßmann von der HIS eG vor. Screenshot: Sara Reinke