8. ProKarriere-Mentoring: „Auf einmal war ich nicht mehr allein mit meinen ganzen Fragen und Zweifeln“

Freitag, 24. Juni 2022 um 13:32 Uhr

Noch bis zum 01. Juli haben Interessentinnen die Möglichkeit, sich für den 8. Durchgang des ProKarriere-Mentorings in diesem Jahr zu bewerben und sich von Expertinnen beim Berufseinstieg unterstützen zu lassen. Lea Gerling ist derzeit als Doktorandin an der Universität Hildesheim tätig und hat das Programm selber durchlaufen. Im Interview beschreibt sie, was es ihr gebracht hat.

Der Übergang vom Studium in den Beruf oder in eine Promotion ist oft von Unsicherheiten geprägt. Das Team des Projekts „ProKarriere-Mentoring“ möchte Studentinnen und Absolventinnen dabei unterstützen, ihre beruflichen Ziele zu präzisieren und ihre karriererelevanten Kompetenzen auszubauen, um so den Übergang erfolgreich zu gestalten.

Im Rahmen des Mentoring-Programms haben Studentinnen aller Fachbereiche als sogenannte Mentees die Möglichkeit, sich frühzeitig auf ihren persönlichen Karriereweg in der Wissenschaft oder dem außerwissenschaftlichen Arbeitsmarkt nach dem Studium vorzubereiten. Unterstützt werden sie dabei von Mentor*innen, die als Fach- und/oder Führungskräfte in der Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung oder dem Kulturbetrieb tätig sind und über Erfahrungen und Kenntnisse des deutschen und/oder internationalen Arbeitsmarktes verfügen. 

Zusammen mit Projektkoordinatorin Sandra Ahnen wird in einem Einzelgespräch und anhand des Bewerbungsbogens der Mentee die Grundlage für die Mentor*innen-Auswahl erstellt.

Informationen für Mentor*innen (pdf)
Informationen für Mentees (pdf)
Link zur Projektseite

Interview mit Lea Gerling, ehemalige Mentee im ProKarriere-Mentoring

Lea Gerling ist wissenschaftliche Angestellte im Institut für Informatik der Universität Hildesheim und war 2016 Mentee im ProKarriere-Mentoring. Derzeit verfasst sie ihre Dissertation im Bereich Software Engineering.

Sie verfassen derzeit Ihre Dissertation. Zu welchem Thema bzw. wie lautet der Titel?

Ich forsche zurzeit im Bereich Software Engineering und befasse mich dort mit sehr komplexen Software-Systemen wie beispielsweise dem Betriebssystem Linux oder der Software, die auf modernen Autos läuft. Der Titel meiner Arbeit lautet „Syntax-Preserving Program Slicing for Highly-Configurable C Software Systems”. Grob zusammengefasst geht es darum, wie ich große Software in kleinere Teile zerlegen kann, die dann nur eine für mich interessante Teilaufgabe erfüllen, ohne dabei etwas von ihrer Struktur kaputt zu machen.

Sie haben selber 2016 als Mentee am ProKarriere-Mentoring teilgenommen. Warum haben Sie sich dafür entschieden?

2016 stand ich ein Jahr vor meinem Master Abschluss in Informationsmanagement und Informationstechnologie (IMIT) und war mir schon relativ sicher, dass eine Promotion etwas für mich sein könnte. Trotzdem gab es da auch noch eine gewisse Unsicherheit, insbesondere was die Details angeht: Auf welchem Weg kann ich überhaupt promovieren? Was bringt mir persönlich am meisten? Was erwartet mich während und nach einer Promotion? Gibt es vielleicht noch besser passende Alternativen? Da ich aus meiner Familie die erste war, die überhaupt ein Studium abgeschlossen hat, gab es für mich da noch sehr vieles, was ich nicht wusste oder einordnen konnte. Deswegen kam das Angebot des ProKarriere-Mentorings genau zum richtigen Zeitpunkt: Einerseits bot es die Möglichkeit, sich mit anderen in der gleichen Situation auszutauschen, andererseits gab es auch viele erfahrene Mentor*innen und Coaches, die diese Situation bereits erfolgreich hinter sich gebracht hatten.

Wie sah die Unterstützung für Sie aus? Was kann man sich darunter vorstellen?

Damals gab es 3 verschiedene Unterstützungsformen:

1. Austausch mit anderen Mentees bei gemeinsamen Treffen

2. Eine*n Mentor*in für den persönlichen Austausch und individuelle Beratung

3. Workshops gemeinsam mit den anderen Mentees zu ausgewählten Themen

Ich kann gar nicht genau sagen, welcher dieser Angebote mir am meisten gebracht hat, da alle ihren eigenen Wert haben. Beim Austausch mit den anderen habe ich mich beispielsweise unheimlich bestätigt gefühlt, weil ich auf einmal nichtmehr alleine mit meinen ganzen Fragen und Zweifeln war. Mein Mentor wiederum hat mir super bei spezifischen Fragen zu seinem Karriereweg (Industriepromotion) helfen können und hatte immer ein offenes Ohr für mich. Die Workshops haben mir schließlich enorm bei meiner persönlichen Weiterentwicklung geholfen und eine ganze Bandbreite an neuen Erkenntnissen gebracht, zum Beispiel was mir persönlich an einem Beruf überhaupt wichtig ist.

Was nehmen Sie aus dieser Zeit für sich persönlich mit? Was hat Ihnen besonders gut gefallen, wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Das Jahr im ProKarriere-Mentoring hat mir geholfen, mich selbst besser zu reflektieren und meine Prioritäten und Bedürfnisse wahrzunehmen. Mir war vorher beispielsweise überhaupt nicht bewusst, wie wichtig mir Freiraum bei der Umsetzung meiner Aufgaben ist. Deswegen habe ich mich auch gegen eine Industriepromotion und für eine Promotion an der Universität mit einem Stipendium entschieden. Besonders gut gefallen hat mir neben diesen doch sehr persönlichen und individuellen Hilfen auch, dass der Umgang miteinander immer eine wichtige Rolle gespielt hat. Beim ProKarriere-Mentoring sind Studierende aus allen Fachbereichen, mit denen hat man sonst im Studium ja leider oftmals eher wenig Berührungspunkte. Entsprechend divers waren auch die Workshops. Als Informatikerin war das eine gute Gelegenheit, mal etwas aus dem eigenen Umfeld herauszukommen und den Horizont zu erweitern. Gefehlt hat mir damals eigentlich nur eins: Ich hätte mir eine Mentorin gewünscht, um die Perspektive einer Frau auf mein Berufsfeld zu hören.

Warum ist das Programm aus Ihrer Perspektive heute so wichtig? Warum sollten sich Studentinnen und Absolventinnen für das Programm bewerben?

Ich möchte wetten, dass viele jetzt in der gleichen Situation sind wie ich damals war. Vielleicht nicht so spezifisch auf eine Promotion bezogen, aber diese zentrale Frage hat sich sicher jede_r schon mal gestellt: Was will ich nach dem Studium machen? Die Antwort mag manchen leichter fallen als anderen, aber in jedem Fall kann es nur helfen, beim ProKarriere-Mentoring mitzumachen. Im schlechtesten Fall wird man in seinen Überlegungen bestätigt, im besten Fall eröffnen sich noch ungeahnte Möglichkeiten und Perspektiven. Und als Bonus gibt es die persönliche Weiterentwicklung und nette Bekanntschaften obendrauf.

Frau Ahnen hat mir berichtet, dass Sie sich vorstellen können, künftig selbst als Mentorin das Programm zu unterstützen. Wie kam es dazu?

Da könnte ich fast auf die vorletzte Frage verweisen. In meinem Fachgebiet ist es leider noch immer so, dass beispielsweise Frauen unterrepräsentiert sind. Informatik ist aber so ein tolles Fach, das genug Platz und Möglichkeiten für alle Geschlechter bietet. Ich habe die Hoffnung, dass ich als Mentorin einen kleinen Teil dazu beitragen kann, meine Begeisterung auf andere zu übertragen. Aus meiner Erfahrung braucht es manchmal nur einen kleinen Anstoß, damit selbstgebaute Hindernisse einstürzen.

Welche Voraussetzungen müssen potentielle Mentorinnen mitbringen?

Natürlich ist es hilfreich, als Mentorin selbst schon einige Entscheidungen getroffen und Erfahrungen gesammelt zu haben. Ich denke aber am wichtigsten ist es, ehrlich zu sich selbst und zur Mentee zu sein. Ein Berufsweg verläuft eigentlich nie ohne Stolpersteine und genau aus diesen kann man sehr viel lernen. Letztendlich hilft es auch nichts, wenn ich als Mentorin versuche, meine Mentee in irgendeine Richtung zu drängen. Am Ende geht es darum, einer Mentee zu ermöglichen, die richtigen Entscheidungen für ihr Leben und ihre Zukunft zu treffen.
 

Interview: Yasmin-Coralie Berg

 


Lea Gerling ist wissenschaftliche Angestellte im Institut für Informatik der Universität Hildesheim und war 2016 Mentee im ProKarriere-Mentoring. Foto: Daniel Kunzfeld