Geschichte kuratieren

Donnerstag, 12. Februar 2015 um 10:12 Uhr

Tagung am 13. & 14.02.2015

Tagungsort: Haus 52/101, Atelier, Hohes Haus 50/EG, Kulturcampus Domäne Marienburg, Stiftung Universität Hildesheim

Ausstellungen: Foyer, Haus 52 und im KUNSTRAUM 53, Wollenweberstr. 53, 31134 Hildesheim

Veranstalter: Institut für Bildende Kunst und Kunstwissenschaft und
Institut für Medien, Theater und Populäre Kultur der Stiftung Universität Hildesheim

Flyer als Download

 

Im Vorfeld der ersten großen USA Tour der Wild West Show von William F. Cody, besser bekannt als Buffalo Bill, ermordeten in den 1890er Jahren amerikanische Truppen eine große Anzahl Sioux-Indianer in einem Ereignis, das als Massaker von Wounded Knee historische Berühmtheit erlangt hat. In den Kämpfen ist auch William Cody involviert. In einer als Vergeltung ausgegeben Schlacht skalpiert Cody den Häuptling der Cheyenne Indianer, Yellow Hand. Er hat sich dafür – in der realen Kampfhandlung vor Ort – exakt in das Kostüm gekleidet, mit dem er als Buffalo Bill in der Wild West Show auftreten wird. William Cody ermordet den Häuptling der Cheyenne in seinem zukünftigen Bühnen-Kostüm, als zukünftiger Darsteller im Rahmen einer zukünftig stattfindenden Unterhaltungsshow.

Diese Episode macht deutlich, dass Geschichte nicht nachträglich zu einer ästhetischen oder medialen Darstellung kommt; vielmehr, dass sie bereits im Moment des Geschehens als zukünftige Geschichte imaginiert, inszeniert und kuratiert wird. William Cody erkennt, dass Geschichte nicht mehr ‚kalt‘ werden muss, sondern dass es darauf ankommt, die Gegenwart als Geschichte in Szene zu setzen.
William Cody und das 19. Jahrhundert arbeiteten somit strukturell nicht anders als die medialen, popkulturellen und ästhetischen Formen des 21. Jahrhunderts es tun. Das raumzeitlich uneindeutige Verhältnis von Vergangenheit und Gegenwart wird hier zum Anlass einer permanenten Praxis der Sortierung, Kanonisierung und Kommentierung von Geschichte genommen. Dabei entwickeln sich reflexive Formate wie künstlerische Re-enactments oder Mocumentaries, kuratorische Inszenierungen, mediale und performative Dekonstruktionen der (eigenen) Biographie oder technische Programme der Selbst-Archivierung des Alltags. Dem Begriff und der Praxis des Kuratierens kommt in diesem Zusammenhang vermehrt Bedeutung zu, weil er zwei konträre und doch aufeinander bezogene Antworten auf die Gegenwärtigkeit der Geschichte verspricht:

Zum einen bekräftigt der Begriff des Kuratierens die Deutungshoheit einer institutionell gebundenen Auswahl, Sortierung und Ordnung von geschichtlichen Ereignissen als Geschichte. Zum anderen entgrenzt er genau jene institutionelle Macht, indem die kuratorische Praxis zu einem Platzhalter für jegliche Formen der Sichtbarmachung (Peter O’Neill: ‚to come to the fore‘) spezifischer An-Ordnungen benutzt wird. Das gilt auch für die An-Ordnungen der Geschichte, die längst nicht mehr ausschließlich im Museum kuratiert werden, sondern als partizipative (Geschichts-) Kulturen öffentlich sichtbar werden.

Die Konferenz Geschichte kuratieren möchte die Fragen danach, in welchen Formaten und Modi die Gegenwart als Geschichte kuratiert wird, in das Zentrum der gemeinsamen Auseinandersetzung rücken. Dabei haben wir vor allem die Felder der Popkultur, der Kunst und der Medien im Blick – in der Hoffnung, dass sich jenseits disziplinär gebundener Grenzen auch übergreifende Fragestellungen und Schlüsse ergeben.

 

PROGRAMM

 

Freitag 13.02.2015

ab 10:30 Atelier, Hohes Haus 50/EG; ab 14:00 in HAUS 52/101

Biografien kuratieren
10:30 – 11.00 Begrüssung
11:00 – 11.30 Videoinstallation 21 von Mats Staub (Olten/ Schweiz)
11:30 – 13:00 Panel-Diskussion zu 21 und dem Thema Biografien kuratieren mit Volker Wortmann, Werner Greve, Anika Fenske, Thomas Lange, Annemarie Matzke und Mats Staub
13:00 – 14:00 Mittagspause/ Essen


Geschichte kuratieren
14:00 – 17:00 Susanne Wernsing (Wien): Modell DDR. Eine performative Ausstellung von Erinnerungslandschaften / Jens Kabisch (München): Das Heute im Morgen: zur Politik US-amerikanischerFreilichtmuseen und der Stilllegung der Geschichte als immerwährender Gegenwart / Stefan Krankenhagen (Hildesheim): Populäre Geschichtszeichen oder wie William Cody Cowboys und Indianer erfand
17:00 – 17:30 Pause
17.30 – 19:00 Jerome de Groot (Manchester): Curating Personal History

Um 21 Uhr besteht die Möglichkeit, gemeinsam die Ausstellungseröffnung Kuratoren des Alltags (Günther Friesinger/ monochrom Wien gemeinsam mit MA Studierenden des Hildesheimer Studiengangs Inszenierung der Künste und der Medien) im KUNSTRAUM 53 in Hildesheim zu besuchen.

 

Samstag 14.02.2015

ab 9:30 im Foyer, Haus 52; ab 10:00 in Haus 52/101

Kunst-Geschichte kuratieren
9:30 – 10:00 Kaffee und Tee in der Ausstellung Editing the World (Torsten Scheid, Hildesheim)
10:00 – 13:00 Mareike Herbstreit (Braunschweig): Vom Vorher zum Nachher. Marina Abramovics „The Artist Is Present“ / Thomas Lange (Hildesheim): Wirklichkeitsverzicht als bearbeitendeWiderspiegelung von Wirklichkeit durch Kunst. Über gesellschaftsformierende Aspekte von Kunst im Konglomerat der Geschichte / Viola Vahrson (Hildesheim): 80064 kuratieren: Zu einem fragwürdigen Umgang mit Geschichte im Werk von Artur Zmijewski

 

Veranstalter: Institut für Bildende Kunst und Kunstwissenschaft und
Institut für Medien, Theater und Populäre Kultur der Stiftung Universität Hildesheim

Infos auf:
www.uni-hildesheim.de/fb2/ institute/kunst/aktuelles/
www.uni-hildesheim.de/fb2/institute/medien-theater-populaerekultur/aktuelles/

Gefördert durch: HERDEKOLLEG und Stiftung Universität Hildesheim