- Universität Hildesheim ›
- Kulturwissenschaften & Ästhetische Kommunikation ›
- Institute ›
- Institut für Kulturpolitik ›
- Forschung ›
- Chancengerechte Teilhabe an öffentlich geförderten Theatern
Chancengerechte Teilhabe an öffentlich geförderten Theatern
Publikumsstudien zeigen, dass das Angebot von institutionell gefördertem Theater lediglich von einem kleinen, relativ homogenen Teil der Bevölkerung in Anspruch genommen wird. Ähnlich sieht es in den Nachbarländern Frankreich und England aus. Das Forschungsprojekt untersucht: Welche Strategien verfolgen Theater in den drei Ländern, um neues Publikum zu gewinnen und bestehendes zu halten? Welche kulturpolitischen Missionen bzgl. Teilhabe gibt es, wie fördert und was fordert die jeweilige Kulturpolitik?
Das vorangegangene Teilprojekt des Instituts für Kulturpolitik der Universität Hildesheim im DFG-geförderten Forschungsverbund „Krisengefüge der Künste. Institutionelle Transformationsdynamiken in den darstellenden Künsten der Gegenwart“ (FOR 2734) befasste sich mit den Anpassungs- und Innovationsstrategien von öffentlich getragenen Theatern in Deutschland im Zusammenhang mit dem Strukturwandel der Kulturnachfrage. Die Fragestellung des nun daran anschließenden Folgeprojekts knüpft daran an, ist jedoch thematisch enger fokussiert und erweitert zugleich die Perspektive durch einen internationalen Vergleich.
Untersucht werden soll, inwieweit und mit welchen Strategien öffentlich geförderte Theater in Deutschland, Frankreich und England versuchen, den Risiken einer De-Legitimation öffentlicher Förderung aufgrund von nachlassenden Besucherzahlen und eines sozial ungleich verteilten Zugangs durch die pro-aktive Gewinnung bislang unterrepräsentierter Bevölkerungsgruppen entgegenzuwirken.
Unter Teilhabe wird hier eine chancengerechte Ermöglichung von Theaterbesuchen mit Abbau institutioneller und persönlicher Barrieren als Aufgabe sowohl von Kulturpolitik als auch von öffentlich geförderten Kulturorganisationen verstanden. Ausgangshypothese ist, dass die jeweiligen Regime von Theater-Governance eine prägende Wirkung auf die Audience Development-Strategien der Theater entfalten.
Um dieser Hypothese nachgehen zu können, ist die Studie als Vergleich von möglichst unterschiedlichen Governance-Regimen angelegt: Im markt-liberal orientierten Governance-Regime von England ist eine begrenzte öffentliche Förderung von Theatern in der Regel direkt an die Gewinnung unterrepräsentierter Zielgruppen gebunden. Im etatistisch ausgerichteten Regime von Theater Governance in Frankreich bildet die in der Verfassung verankerte Norm einer „Démocratisation de la Culture“ ein zentrales Ziel der öffentlichen Förderung von Theatern. In dem von Dezentralität und staatlicher Zurückhaltung geprägten Governance-Regime in Deutschland überlassen die Kommunen und Bundesländer den von ihnen geförderten Stadt- und Staatstheatern in der Regel einen weitreichenden Entscheidungsspielraum bei der Gestaltung ihrer Publikumsstrategien.
Wie öffentlich ist öffentlich gefördertes Theater?
Diese Frage betrifft sowohl die (kulturpolitische) Steuerung von Theater als auch das Theatermachen selbst. Und sie ist aktueller denn je: Im Zuge des viel befürchteten und diskutierten „Publikumsschwunds“ im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wird vermehrt diskutiert, wie zugänglich öffentlich gefördertes Theater sein kann und muss und wer dafür Sorge trägt, dass Theater für möglichst viele und unterschiedliche Menschen ein relevanter Ort sind.
In einem internationalen Symposium mit Vertreter*innen aus Theater, Wissenschaft und Kulturpolitik in Deutschland, England und Frankreich soll der eigene, nationale Blick auf Möglichkeiten kulturpolitischer und institutioneller Teilhabeorientierung geweitet und unterschiedliche Perspektiven und Strategien reflektiert werden: Kulturpolitiker*innen und Leiter*innen öffentlich geförderter Theater in Deutschland, England und Frankreich diskutieren kulturpolitische Strategien für chancengerechte Teilhabe am Theater und sondieren Unterschiede zwischen den Ländern. Damit verbunden ist die Frage, ob Teilhabe als Zugänglichmachen von „Hoch“-Kultur verstanden wird oder als Förderung kultureller Demokratie. mehr
Das Projekt "Chancengerechte Teilhabe an öffentlich geförderten Theatern. Theater Governance und Audience Development-Strategien in Deutschland, Frankreich und England" wird bei der Jahrestagung der DFG-Forschungsgruppe "Krisengefüge der Künste" erste Ergebnisse aus der Forschung präsentieren. Gemeinsam mit den anderen Projekten der Forschungsgruppe und internationalen Gästen werden institutionelle Veränderungen in den darstellenden Künsten diskutiert und daraufhin befragt, was diese für die Zukunft bedeuten. mehr
Unter dem Titel Krisenforschung – Methoden, Feld und Ästhetik. Die darstellenden Künste im Wandel (während und nach Corona) lädt die DFG-Forschungsgruppe »Krisengefüge der Künste« zur Summer School ein. Dabei wird ein interdisziplinärer Austausch zwischen Expert:innen, Nachwuchswissenschaftler:innen und fort- geschrittenen Studierenden verfolgt, die sich mit den jüngsten Entwicklungen des europäischen Bühnengeschehens, vor allem unter ästhetischen, kulturpolitischen, soziologischen und Organisations-Aspekten befassen.
Im Rahmen der Summer School wird vor allem der Vergleich angestrebt, unter welchen Voraussetzungen die Covid-19-Pandemie in den Ländern und Regionen Europas den Theatersektor erschüttert hat, mit welchen Instrumenten darauf reagiert wurde und welche Entwicklungen für die Zukunft zu erwarten sind.
Eingeladen sind Doktorand:innen und fortgeschrittene Masterstudierende der Geistes- und Sozialwissenschaften, insbesondere mit einem themenverwandten Schwerpunkt in ihren Abschlussarbeiten.
Alle weiteren Informationen zum Ablauf und zur Bewerbung finden Sie hier.
Das (un)verzichtbare Theater. Strukturwandel der Kulturnachfrage als Auslöser von Anpassungs- und Innovationsprozessen an öffentlich getragenen Theatern in Deutschland
Ob sich die öffentlich getragenen Theater in Deutschland, deren Angebot nur von einem relativ homogenen und zunehmend kleinen Teil der Bevölkerung wahrgenommen wird, in einer Legitimitätskrise befinden – diese Frage stellt sich nicht erst seit den Diskussionen um die „Systemrelevanz“ im Zuge der Covid 19-Pandemie: Die Publikation „Das (un)verzichtbare Theater. Strukturwandel der Kulturnachfrage als Auslöser von Anpassungs- und Innovationsprozessen an öffentlich getragenen Theatern in Deutschland“ beleuchtet, welche Erwartungen es von unterschiedlichen Stakeholdern wie der Kulturpolitik, der Theaterfachöffentlichkeit, dem Publikum und der Bevölkerung den Theatern gegenüber gibt.
Ob die Theaterschaffenden selbst Veränderungen der Nachfrage wahrnehmen, wie sie diese bewerten und mit welchen Strategien sie darauf reagieren, sind Fragen, denen in der empirischen Forschung des Projekts „Strukturwandel der Kulturnachfrage als Auslöser von Anpassungs- und Innovationsprozessen in deutschen Stadt- und Staatstheatern“ nachgegangen wurde und dessen Ergebnisse in diesem Band präsentiert werden.
Die Publikation ist ab sofort online verfügbar unter: https://doi.org/10.18442/192