Thomas Kaestle

Kuratierte Prozesse. Ein kulturpolitischer Diskurs über Produktionsvoraussetzungen zeitgenössischer Kunst im Kontext urbaner öffentlicher Räume.

Dissertationsprojekt Thomas Kaestle

Abstract des Vorhabens

Die Arbeit soll die kulturpolitischen Implikationen von zeitgenössischer Kunst im Kontext öffentlicher (vor allem urbaner) Räume identifizieren und untersuchen. Zentraler Aspekt soll dabei die Notwendigkeit eines koordinierten Vorgehens sowohl auf kommunaler als vor allem auch auf überregionaler Ebene sein. Dieses soll helfen, Beliebigkeiten in Planung und Umsetzung durch das An- und Einbinden an und in kulturpolitische Konzeptionen zu vermeiden und so zu Kontinuität und damit interner wie auch externer Anschlussfähigkeit führen. In diesem Zusammenhang soll auch die Rolle von Kontinuität und Tradition bei der Genese von Innovation untersucht werden.

Auf der Grundlage des Wechselverhältnisses von Theorie und Praxis unterschiedlicher Bezugsfelder soll ein Katalog potentieller konzeptioneller Voraussetzungen für und fachspezifischer Ansprüche an das Entstehen von Kunst in öffentlichen Räumen erarbeitet, kategorisiert und kritisch hinterfragt werden. Diese Bedingungen und Ansprüche sollen auf die Analyse exemplarischer Projekte für Kunst im öffentlichen Raum sowohl in Deutschland als auch in europäischen Nachbarländern angewandt werden, um schließlich kulturpolitische Strukturen und Strategien vorzuschlagen, die in der Lage sind, Produktionsvoraussetzungen zu schaffen und zu verbessern, Konzeption und Produktion bewusst als kontinuierlichen Prozess wahrnehmbar zu machen und so durch ein erhöhtes fachliches wie soziales Anschlusspotential sowohl Konzeption, Produktion und Rezeption als auch eine unmittelbare Reaktion zu erleichtern.

Eine umfassende Analyse möglicher Motivationen für das Herstellen, Beauftragen oder Platzieren von Kunst im öffentlichen Raum soll helfen, unterschiedliche Rollen, Funktionen und Interessen zu unterscheiden – und so Interessenskonflikte festzustellen. Dabei muss davon ausgegangen werden, dass sehr unterschiedliche Motivationen eine jeweils unterschiedlich große Rolle in Kunst, Politik und Gesellschaft spielen. Einige bedingen und beeinflussen sich gegenseitig, andere schließen einander aus.

Ob und wie formulierte und abgeleitete Ansprüche dieser Bezugssysteme in ihrer Relevanz gewichtet werden können und sollen, muss ebenso kritisch hinterfragt werden wie Relevanz und Anspruch eines daraus abgeleiteten Kriterienkatalogs. Notwendig erscheint zunächst jedoch eine Gliederung nach theoretischen/wissenschaftlichen und pragmatischen Ansprüchen, Anforderungen und Ableitungen sowie dem Maß an Interpretation, die einer Ableitung zugrunde liegt. Ob eine Auflösung oder Vermittlung grundlegender Widersprüche möglich und sinnvoll erscheint, bleibt zu klären. Möglicherweise führt erst deren Gegenüberstellung zum Erarbeiten produktiver Konsequenzen. Ebenso bleibt zu klären, ob mit einer Formulierung von Ansprüchen und der damit implizierten Zweckorientierung jeweils eine Funktionalisierung einhergeht, die in Konflikt zum Autonomieanspruch Bildender Kunst steht und in wie weit ein solcher Autonomieanspruch im öffentlichen Raum hinterfragt werden muss.

In dem Maße, in dem sich im Verlauf der Arbeit zunehmend Koordination und Kontinuität als zentrale Aspekte kulturpolitischer Strategien und Strukturen für Kunst und öffentlichen Raum belegen lassen, wird es notwendig sein, diese in einem allgemeineren Zusammenhang kritisch zu hinterfragen. Sowohl Problematik als auch Potential kulturpolitischer (Meta-)Strukturen auf der Grundlage formulierter Kriterien lassen sich aus anderen kulturellen Bereichen auf Kunst und öffentlichen Raum übertragen. Als problematisch könnten sich beispielsweise folgende Faktoren erweisen: die direkte und indirekte Gefährdung von Diversität, das Etablieren eines unkritischen Umgangs mit begrifflicher und formaler Normativität oder eine Einschränkung bzw. mangelnde Einbindung subkultureller und interventionistischer Strategien. Potential könnte sich beispielsweise in folgenden Bereichen nachweisen lassen: der Integration von Förderung, Beratung und Entwicklung, dem Ermöglichen von Innovation aus Kontinuität und damit verbundener Antizipation, der Annäherung von Theorie und Praxis oder der Steigerung öffentlicher Wahrnehmung und Teilnahme.

Literatur (Auswahl)

  • Blaas-Pratscher, Katharina (Hrsg.): Veröffentlichte Kunst, Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich 8, Wien 2006
  • Büttner, Claudia: Art goes public, Von der Gruppenausstellung im Freien zum Projekt im nicht-institutionellen Raum, München 1997
  • Grasskamp, Walter: Kunst und Stadt; in: Bußmann, Klaus / König, Kasper / Matzner, Florian (Hrsg.): Skulptur. Projekte in Münster 1997, Ostfildern-Ruit 1997, S. 7-41
  • Lingner, Michael: Kunst als Projekt der Aufklärung jenseits reiner Vernunft; in: Lingner, Michael (Hrsg.): Das Haus in dem ich wohne. Die Theorie zum Werkentwurf von Franz Erhard Walther; Klagenfurt 1990, S. 15-53
  • Resch, Christine: »Die nicht mehr schönen Künste«; in: Resch, Christine: Kunst als Skandal: der steirische herbst und die öffentliche Erregung, Wien 1994, S. 179-197
  • Rollig, Stella: Das wahre Leben. Projektorientierte Kunst in den neunziger Jahren; in: Babias, Marius / Könneke, Achim: Die Kunst des Öffentlichen, Dresden 1998, S. 12-27
  • SKOR Stichting Kunst en Openbare Ruimte (Hrsg.): Public Work. 1995-2000 five years praktijkbureau beeldende kunstopdrachten, Amsterdam 2001