Steffen Scholl

Bang means do it! Die graphische Programmierumgebung für Musik und Multimedia MAX als Instrumentarium zur Organisation von Raum. Entwurf einer Musikraum-Ästhetik.

Dissertationsprojekt Steffen Scholl

Abstract des Vorhabens

Die Praxis der zeitgenössischen elektroakustischen Musikproduktion wird von der herkömmlichen Definition, welche Musik bzw. das Machen von Musik als (r)eine Organisation von Klang (Edgar Varèse) definiert, nicht mehr hinreichend abgedeckt, da insbesondere das jüngere Computer-basierte Musizieren verstärkt einem Kreationsprozess entspricht, bei welchem das Organisieren eines Environments, die Schaffung räumlicher Situationen und schließlich das kreieren spezieller Musikräume (Spielräume) an erster Stelle steht.

Der Komponist tritt hier zuallererst als ein Organisator von Raum auf, dessen Komposition demgemäß einer Organisation von Raum entspricht (die eigentliche Klanggestaltung ist dabei z. T. gänzlich aus dem Aufgabenbereich des Komponisten ausgelagert und wird eventuell vom Interpreten oder Rezipienten übernommen, oder unterliegt aleatorischen Prozessen). Dabei geht es jedoch nicht um die Organisation von konventionell fixierten, (ab-)geschlossenen, architektonischen Räumlichkeiten, sondern um relationale Handlungsspielräume, die in ihrer dynamischen Prozesshaftigkeit aus einem beständig zirkulierenden Wechselspiel zwischen ästhetischer (Raum-)Produktion und deren (Raum-)Produkten resultieren.

Die Existenz der Software Max (MSP, Pd, Jitter, jMax) liegt in eben diesem kreisläufigen Raum-Schaffensprozess einer (interaktiven) Live-Elektronik begründet, und zwar in zweifacher Hinsicht: Zum einen wird die Programmierumgebung selbst als Produkt und als Repräsentant eines Handlungsraumes der musikalischen Praxis in-formiert, und zum andern organisiert die Software rückwirkend als mediales Bindeglied weitere komplexe Neu-Raumkonstellation zur Realisation spezieller künstlerischer Projekte. Max ermöglicht also zunächst Musikräume, welche dann wiederum entsprechende Raummusiken evozieren. Der im Rahmen meiner Dissertation unternommene Entwurf einer Musikraum-Ästhetik, welcher sich primär auf die räumliche In-formation der Software und deren rückwirkende Raumorganisation konzentriert, beinhaltet dementsprechend sowohl eine Analyse der historischen, Max-konstituierenden Faktoren als auch eine Untersuchung zu den Raumkonstellationen, die auf der Anwendung von Max basieren.

Ausgewählte Literatur

  • Nauck, Gisela, Musik im Raum – Raum in der Musik, Ein Beitrag zur Geschichte der seriellen Musik, in: Beihefte zum Archiv für Musikwissenschaften, Bd. XXXVIII, Stuttgart 1997
  • Dünne, Jörg / Günzel, Stephan (Hg.), Raumtheorie, Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaften, Frankfurt a. M. 2006
  • Winkler, Todd, Composing Interactive Music, Techniques And Ideas Using Max, MIT 1998
  • Collins, Nick / Escriván, Julio (Hg.), Electronic Music, Cambridge 2007
  • Deleuze, Gilles / Guattari, Félix, Tausend Plateaus, Kapitalismus und Schizophrenie II, Berlin 1992