Halbzeitbilanz: Sprachförderung künftig in Stadt und Landkreis

Freitag, 20. September 2013 um 09:47 Uhr

Universität und Jugendamt erreichen mit einem Sprachförderprojekt rund 90 % der Krippen und Kitas im Landkreis Hildesheim. Besonders die Team-Fortbildungen kommen gut an. Nun erreicht „Kea“ auch Kita-Fachkräfte in der Stadt. Mit vielen kleinen und großen Sprechanlässen im Alltag.

Je stärker Kinder in der Gestaltung des Kita-Alltages beteiligt werden, je intensiver sie eingebunden werden, dest mehr sprechen sie. „Daher ist es wichtig, im Alltag Sprechanlässe zu schaffen: Rituale bei denen das Miteinander-Sprechen, Aufeinander-Hören und in Worte-Fassen, den Tag durchziehen“, sagt Christina Gerlach-Sufin vom Jugendamt des Landkreises Hildesheim. Gemeinsam mit der Universität Hildesheim wurde ein Sprachförderkonzept entwickelt, das für kleine und große Sprechanlässe des Alltages sensibilisiert. Bisher wurden ausschließlich Kindertagesstätten im Landkreis mit dem Projekt „Kea – Kinder entwickeln alltagsintegriert Sprache“ erreicht. Seit dem Kindergartenjahr 2013/2014 ist das Jugendamt des Landkreises nun auch für die Umsetzung der Richtlinie zur Förderung des Erwerbs der deutschen Sprache in Kindertagesstätten im Stadtgebiet Hildesheim zuständig.

„Wir bilden Erzieherinnen und Erzieher strukturiert und flächendeckend fort und setzen bei dem an, was sich in Praxis und Forschung bewährt hat,“ sagt Dr. Ann-Katrin Bockmann vom Institut für Psychologie der Uni Hildesheim. Sie begleitet die Umsetzung wissenschaftlich. Seit 2011 nehmen Sprachförderkräfte, Erzieher, Kita-Leitungen und Sozialpädagogen im Landkreis teil. Durch Weiterbildung sollen sie sprachfördernde Situationen und Sprachauffälligkeiten erkennen, Sprache bewusst einsetzen.

600 Erzieher sollen bis 2015 erreicht werden. Das Projekt wird ausgeweitet auf die Stadt Hildesheim, dadurch kommen seit August 2013 weitere Fachkräfte aus 49 Kitas hinzu. Der Anteil mehrsprachiger Kinder und der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund ist in der Stadt höher als auf dem Land. Für diese Herausforderung wurden spezielle Fortbildungen entwickelt, die für den Umgang mit Kindern, die Deutsch als zweite Sprache erlernen, vorbereiten. Das Projekt  wird durch das Land Niedersachsen mit 150.000 Euro jährlich gefördert.

Erste Bilanz: Mehr Sicherheit im Umgang mit Sprachauffälligkeiten

Nach zweieinhalb Jahren ziehen die Beteiligten eine erste Bilanz: Viele der Erzieher bewerten es als positiv, dass sie durch die Fortbildungen ihr eigenes Handeln reflektiert haben. Das vorhandene Wissen wird aufgefrischt und im Umgang mit Sprachauffälligen haben sie mehr Sicherheit erhalten. Sprachlehrstategien wurden eingeübt, Anregungen gelangen unmittelbar in die Praxis. Die teilnehmenden Kitas heben hervor, dass die Weiterbildung von kompletten Teams besonders wirksam ist. Die Fachkräfte wünschen sich, dass der Bereich Sprachbildung und Sprachförderung in der Ausbildung zukünftig einen größeren Rahmen einnimmt.

Von den 110 Krippen und Kindertageseinrichtungen im Landkreis Hildesheim nehmen rund 90% an den Weiterbildungen teil. Die freiwilligen Angebote sind überwiegend kostenfrei oder werden mit deutlich ermäßigten Teilnehmergebühren angeboten. Die Themen reichen von Basiseinheiten zu Sprachbildung und Sprachkultur über Sprachstörungen bis zu vertiefenden Einheiten zu Elternarbeit sowie Umgang mit Mehrsprachigkeit.

Einige weitere Beispiele: Insgesamt wurden bereits mehr als 100 Erzieher im Landkreis im Rahmen des HIT (Heidelberger-Interaktions-Training) zertifiziert. Die Nachfrage ist weiterhin groß. Über 40 Kita-Teams haben einen Fortbilder in ihre Einrichtung geholt, um das Thema Sprachförderung und Sprachbildung aufzufrischen. An Fachtagen mit insgesamt etwa 200 Besuchern wurden neue wissenschaftliche Erkenntnisse über Spracherwerb diskutiert und Beispiele aus gelungener Praxis weitergegeben. 60 Erzieherinnen und Erzieher im Krippenbereich haben eine eintägige Fortbildung zum Thema Sprachentwicklung von 0 bis 3 Jahren besucht.

Zukünftig wird neben den Fort- und Weiterbildungsangboten ein weiterer Schwerpunkt auf Begleitung, Coaching und Beratung der Praxis vor Ort gelegt. „Wir unterstützen die Kitas in der internen Evaluation, begleiten die Konzeptfortschreibung“, so Gerlach-Sufin.

Anlass für das flächendeckende Sprachförderkonzept ist eine im Mai 2011 in Kraft getretene Richtlinie zur Förderung des Erwerbs der deutschen Sprache im Elementarbereich (Erlass des MK vom 2.5.2011) des Landes Niedersachsen sowie eine ebenfalls vom Land Niedersachsen im Juni 2011 veröffentlichte Handlungsempfehlung zur Sprachbildung und Sprachförderung im Elementarbereich.

In dieser Woche kamen sozialpädagogische Fachkräfte der Kitas aus Stadt und Landkreis zum ersten gemeinsamen Fachtag in der Universität Hildesheim zusammen. Interessierte können an künftigen Veranstaltungen teilnehmen und sich an die Wissenschaftler der Uni Hildesheim wenden (E-Mail kea@uni-hildesheim.de).


Sprachkultur, Sprachstörungen, Elternarbeit und Umgang mit Mehrsprachigkeit: Kitas holen vermehrt die Uni Hildesheim ins Boot, um Erzieherinnen und Erzieher fortzubilden. Foto: knallgrün, photocase

Sprachkultur, Sprachstörungen, Elternarbeit und Umgang mit Mehrsprachigkeit: Kitas holen vermehrt die Uni Hildesheim ins Boot, um Erzieherinnen und Erzieher fortzubilden. Foto: knallgrün, photocase