Sportvorlesung mit Special Guest: Herztransplantierter Elmar Sprink spricht über Leistungssport

Dienstag, 14. Juni 2022 um 07:44 Uhr

An die eigenen Grenzen gehen, und nicht selten darüber hinaus, das ist für Leistungssportler*innen gewissermaßen Teil des Geschäfts. Der Extremsportler Elmar Sprink allerdings sammelt Superlative der besonderen Art. Nach zwei Herzstillständen und anschließender Transplantation rannte, radelte und schwamm der Triathlet und Ironman-Finisher zurück ins Leben – und übertraf am Ende sogar seine eigenen Leistungsmarker aus früheren Zeiten. Nun war er auf Einladung von Sportprofessor Peter Frei zu Gast in einer Vorlesung an der Universität Hildesheim und berichtete unter der Überschrift „Second Heart“ aus seinem turbulenten Leben.

„Was ist Leistung?“, fragt Prof. Peter Frei die Studierenden zu Beginn der Veranstaltung – und gibt die Antwort gleich selbst: „Leistung wird im Sport normalerweise über den Vergleich mit anderen definiert.“ Doch was, wenn die individuelle Leistung über das in Zahlen ausdrückbare weit hinausgeht? Gastreferent Elmar Sprink ist dafür wohl im wahrsten Sinne das lebende Beispiel.

Sportlich sei er schon immer gewesen, erzählt der 50-Jährige und listet auf: Fußball, Triathlon, Wellenreiten, mit dem Fahrrad über die Alpen just for fun. „Doch dann kam Tag X“. Ein heißer Tag im Juli 2010, die Spuren des letzten Ironman steckten ihm noch in den Knochen, im Fernsehen lief die Tour de France. Auf dem Sofa liegend, ausgerechnet, passierte es: Elmars Sprinks Herz blieb stehen. Viele Zufälle und wohl auch eine Menge Glück ließen ihn überleben, doch es folgten eine lange Krankengeschichte und schließlich sogar noch ein zweiter Herzstillstand, bevor Sprink knapp zwei Jahre später ein Spenderherz erhielt. Bis er damit aus dem Krankenhaus entlassen werden konnte, hatte er 189 Tage liegend im Bett verbracht und war muskulär und konditionell am absoluten Nullpunkt angekommen. „Bei 40 Watt war ich ausbelastet“, berichtet er den Sportstudierenden im Hörsaal 3, die diese gewichtsbezogene Leistung mit eigenen Trainingswerten vergleichen können. Zum Staubsaugen sind 70 Watt notwendig. Zwei Wochen nach der OP legte er einen 400 Meter langen Spaziergang über das Klinikgelände in 31 Minuten zurück („und danach krampfte alles“), doch von da an ging es bergauf. Steil bergauf. Und das nicht nur im übertragenden Sinn.

Im Juli 2012 wurde Sprink aus dem Krankenhaus entlassen, im August unternahm er die erste kleine Fahrradtour. Im Januar fing er wieder an zu joggen und steigerte sich von 500 Metern Strecke binnen drei Monaten auf 10 Kilometer, über diese Distanz nahm er am Paderborner Osterlauf teil. Inzwischen, mehr als 100 Ausdauerevents später, bezeichnen ihn Medien als „fittesten herztransplantierten Menschen der Welt“.  Insgesamt sieben Ironman-Teilnahmen kann er für sich verbuchen, darunter (auf Einladung) auch einen im Jahr 2014 auf Hawaii, den er auf Platz 1490 in 12:30:11 beendete. Allein von den deutschen Teilnehmern waren in diesem Jahr 19 langsamer als er. Transalpine Läufe und Extremradrennen, dazu Ski- und Klettertouren runden das Bild des durchtrainierten Supersportlers ab. „Immer, wenn ich einen Wettkampf beende, schaue ich in den Himmel und bedanke mich bei demjenigen, der das möglich gemacht hat“, sagt Sprink zum Abschluss. Er kennt seinen Spender (oder, unwahrscheinlicher: seine Spenderin) nicht, stellt sich aber vor, dass dieser auch ein begeisterter Ausdauersportler war, dessen „Spirit“ er nun in sich weiterträgt.

„Weiter gesund bleiben und mehr Menschen von Organspende überzeugen!“, das gibt Sprink auf seiner Homepage als weitere (Lebens-)Ziele an. Für die Studierenden der Vorlesung „Sozialwissenschaften des Sports“ wurde durch diese biographische Erzählung sehr gut nachvollziehbar, was in Lesungen zuvor gemeinsam erarbeitet wurde: dass Leistung nicht immer nur Steigerung und Vergleich bedeuten muss.

 


Impressionen aus dem Gastvortrag von Elmar Sprink auf Einladung von Prof. Peter Frei. Fotos: Sara Reinke