Zusammen statt allein: Wie „Professionelle“ in Schulen zunehmend zusammenarbeiten

Montag, 05. Mai 2014 um 12:55 Uhr

Ob in Ganztagsschulen, bei der Gestaltung von Übergängen – von der Kita in die Grundschule, von der Schule in die Ausbildung – oder auf dem Weg zu inklusiven Schulen: Lehrerinnen und Lehrer arbeiten zunehmend mit anderen „Professionen“ in der Schule zusammen. Wie die Zusammenarbeit gelingen kann und wo Herausforderungen liegen, damit befasst sich Melanie Fabel-Lamla. Die Professorin für Schulpädagogik stellt sich am Mittwoch, 7. Mai 2014, in ihrer öffentlichen Antrittsvorlesung an der Universität Hildesheim vor.

In ihrem Vortrag „Interprofessionelle Kooperation im Kontext schulischer Inklusion: Herausforderungen und Potentiale“ geht die Erziehungswissenschaftlerin auf die Zusammenarbeit von Lehrerinnen und Lehrer mit anderen Professionellen in der Schule ein, also etwa Erzieherinnen und Erzieher, Fachkräfte aus den Bereichen Sozialpädagogik und Sonderpädagogik. „In den letzten Jahren kann man eine Zunahme an interprofessionellen Kooperationen in Schulen beobachten, zum Beispiel im Rahmen von Ganztagsschulangeboten, bei der Gestaltung von Übergängen im Bildungssystem, bei der Öffnung von Schule und der Vernetzung mit außerschulischen Einrichtungen und nicht zuletzt auch bei der Gestaltung inklusiver Schulen“, sagt Prof. Dr. Melanie Fabel-Lamla, die sich in Forschung und Lehre mit Professionalisierung und Kooperationen in der Schule befasst.

Diese zunehmende Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen wird für Lehrkräfte zu einer neuen Herausforderung. „Viele Lehrkräfte sind darauf bisher kaum vorbereitet. Auch in der Lehrerbildung werden Kenntnisse und Fähigkeiten zu Teamarbeit und zur Gestaltung interprofessioneller Zusammenarbeit an Schulen bisher kaum systematisch vermittelt“, sagt Melanie Fabel-Lamla, die in diesem Themenfeld weiter forschen und Konsequenzen für die Lehrerbildung aufzeigen möchte. Derzeit liegen vor allem Forschungsergebnisse vor, die auf die Schwierigkeiten und Entwicklungsbedarfe verweisen. Im Vortrag erläutert die Professorin an einem Fallbeispiel die Zusammenarbeit zwischen einer Grundschullehrerin und einer Sonderpädagogin exemplarisch – und zeigt die Potentiale dieser Kooperationsbeziehung auf. So bieten sich etwa der Grundschullehrerin eine Reihe von Lerngelegenheiten in der Zusammenarbeit und sie kann ihr pädagogisches Handlungsrepertoire erweitern.

Die Forschungsschwerpunkte spiegeln sich auch in ihren Lehrveranstaltungen wider. Lehramtsstudierende befassen sich etwa mit der Frage, über welche Kompetenzen Lehrkräfte verfügen sollten, wie Professionalisierungs- und Lernprozesse im Lehrerberuf verlaufen, wie Lehrkräfte sich auf das Unterrichten in inklusiven Schulen, auf Teamarbeit und Kooperation vorbereiten und welcher Zusammenhang zwischen professionellem Lehrerhandeln, Unterrichtsqualität und Schülerleistung besteht. Die Studierenden gehen in den Seminaren der Frage nach, wie Lehrkräfte mit anderen pädagogischen Berufsgruppen zusammenarbeiten, ob Schulpsychologen, Sonderpädagogen oder Sozialarbeitern, vor welchen Konflikten sie stehen und wie Arbeitsprozesse ablaufen können – schließlich werden sie selber einmal vor dieser Aufgabe stehen. In einem Seminar haben die Lehramtsstudierenden in Forscherteams zu zweit oder zu dritt Interviews mit Akteuren in interprofessionellen Teams an Schulen geführt, diese ausgewertet und ihre Ergebnisse in Projektberichten verschriftlicht. Überraschend für die Studierenden war, dass Lehrkräfte bereits vielfach mit anderen Berufsgruppen an Schulen zusammenarbeiten und sich hierbei höchst unterschiedliche Kooperationsformen zeigen.

Am Institut für Erziehungswissenschaft hat Melanie Fabel-Lamla seit Herbst 2012 die Professur für Schulpädagogik inne. Sie erforscht Biographien von Lehrerinnen und Lehrern, untersucht die Bedeutung von Vertrauen in pädagogischen Beziehungen und Kooperationen und befasst sich in Forschung und Lehre mit Fragen der Schulentwicklung und der Zusammenarbeit von Lehrkräften mit anderen Professionen.

Nach ihrem Lehramtsstudium mit den Fächern Mathematik und Geschichte an der Universität Marburg absolvierte sie das Referendariat in Berlin. Von 1998 bis 2004 war sie Doktorandin und Post-Doktorandin im Promotionskolleg „Biographische Risiken und neue professionelle Herausforderungen" an den Universitäten Halle-Wittenberg und Magdeburg. 2002 promovierte sie mit dem Prädikat „summa cum laude" zum Thema „Ostdeutsche LehrerInnen im doppelten Modernisierungs-prozess. Berufsbiographische Pfadverläufe und Professionalisierungspotentiale" . An der Universität Kassel spezialisierte sie sich im Bereich Sekundarstufe I und beschäftigte sich unter anderem mit Risikogruppen und Risikofaktoren. Dort übernahm sie 2011 die Professur für Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt Schul- und Unterrichtsentwicklung. Anschließend wurde sie als Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Pädagogische Professionalität und Professionsforschung an die Universität Duisburg-Essen berufen.

An der Universität Hildesheim baut die Erziehungswissenschaftlerin derzeit gemeinsam mit einem fachbereichsübergreifenden Team das Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZLB) auf [Artikel im Uni-Journal, pdf]. Das Zentrum fußt auf drei Abteilungen: die Professorinnen Melanie Fabel-Lamla, Kristin Kersten und Barbara Schmidt-Thieme bilden den Vorstand und sind für Lehre und Studium, Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs sowie für Fort- und Weiterbildung zuständig. „Im ZLB bündeln wir Fragen der Lehrerbildung und beziehen Ausbildung, Forschung und Weiterbildung stärker aufeinander“, sagt Fabel-Lamla. Mehr als fünfzehn Fächer sind in die Lehrerbildung involviert. Mit etwa 250 Partnerschulen arbeitet die Hochschule zusammen, angehende Lehrerinnen und Lehrern sammeln ab dem ersten Studienjahr schulpraktische Erfahrungen. Niedersachsen ist mitten in einer Reform der Lehrerausbildung („GHR 300“). So wird der Masterstudiengang ab dem Wintersemester 2014/15 von zwei auf vier Semester verlängert, eine Praxisphase integriert und Forschendes Lernen intensiviert. „Die drei an der Lehrerausbildung beteiligten Institutionen Uni, Studienseminare und Schulen werden enger zusammenarbeiten und daran arbeiten wird derzeit“, sagt die Erziehungswissenschaftlerin Melanie Fabel-Lamla.

Öffentliche Antrittsvorlesung

Der Fachbereich Erziehungs- und Sozialwissenschaften der Universität Hildesheim lädt am Mittwoch, 7. Mai 2014, um 18:15 Uhr ein zur öffentlichen Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Melanie Fabel-Lamla. Sie spricht über „Interprofessionelle Kooperation im Kontext schulischer Inklusion: Herausforderungen und Potentiale“ (Hörsaal 2, Hauptcampus Marienburger Platz 22).


Melanie Fabel-Lamla ist Professorin für Schulpädagogik. An der Universität Hildesheim befasst sie sich mit Lehrerbiographien und untersucht, wie Lehrerinnen und Lehrern mit Schulpsychologen, Sonderpädagogen oder Sozialarbeitern zusammenarbeiten. Foto: Uni Hildesheim

Melanie Fabel-Lamla ist Professorin für Schulpädagogik. An der Universität Hildesheim befasst sie sich mit Lehrerbiographien und untersucht, wie Lehrerinnen und Lehrern mit Schulpsychologen, Sonderpädagogen oder Sozialarbeitern zusammenarbeiten.