Als Unternehmungen, die aufgrund ihres „internationalen“ Charakters als Station auf dem Weg zur Formung eines gesamteuropäischen Bewusstseins gewertet werden können, finden die Kreuzzüge in den Geschichtsschulbüchern sehr vieler Länder Europas ihren Niederschlag. Leicht einsehbar ist, dass die dortigen Darstellungen abhängig sind von den unterschiedlichen eigenkulturellen Rahmungen bzw. den in der betrachteten Gesellschaft jeweils vorherrschenden Diskursen z.B. zu Religion, Kulturkonflikt, Gewalt, europäischer Identität, Diversität. Interessant ist es also vergleichend zu untersuchen, worauf die typischen Kreuzzugsnarrative im Schulbuch gründen und wie sie sich an den ja immer gegenwärtigen (politischen, sozialen, kulturellen) Erzählreferenzen abarbeiten. Oder prägnanter: in welchen Mythos die Geschichte der bewaffneten Wallfahrten hier oder dort gekleidet wird. Dies soll in dem Vortrag anhand einer kleinen Auswahl voraussichtlich französischer, italienischer und vornehmlich deutscher Produkte geschehen. Gefragt wird etwa nach den Modi der historischen Urteilsbildung, den zum Einsatz gelangenden medialen Codierungen und den Formaten der Aufgabenorientierung. Klar wird, dass einerseits die national imprägnierte Schulbuchdarstellung wie jede historische Erzählung allerorten mehr über das Heute und Jetzt als über vergangene Zeiten aussagt – und dass andererseits bei gutem Willen Differenzierung, empathische Einfühlung und der Wille zu verantwortungsbewusster geschichtlicher Aufarbeitung möglich bleiben. Wenige Beobachtungen zu den Kreuzzugsdarstellungen aus der anderen interessierten, nämlich arabischen Perspektive runden das Bild ab.