Wirtschaftsinformatik: Jugendliche analysieren Geschäftsprozesse

Wednesday, 31. May 2017 um 17:25 Uhr

Seit drei Jahren arbeitet ein Team aus der Wirtschaftsinformatik mit Schulen in der Region zusammen. Die Jugendlichen analysieren, wie nachhaltig Prozesse in Unternehmen ablaufen. Durch das Projekt „Denkwerk“ werden Jugendliche an das wissenschaftliche Arbeiten herangeführt. Die Schülerinnen und Schüler sollen dabei Ansätze entwickeln, um Schulen, Universitäten und Unternehmen ökologischer und ökonomischer zu gestalten. Einblicke in das „Denkwerk“-Projekt. Ein Gastbeitrag von Professor Ralf Knackstedt und Kristin Kutzner.

Gastbeitrag von Professor Ralf Knackstedt und Kristin Kutzner vom Institut für Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik der Universität Hildesheim

Wie lassen sich Energie und Rohstoffe einsparen, Durchlaufzeiten reduzieren und Chancengleichheit fördern? Diesen Fragen haben sich in den vergangenen drei Jahren Schülerinnen und Schüler aus Hildesheimer Schulen im Projekt „Denkwerk“ gestellt. In dem Forschungsprojekt untersuchten Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit einem Team um Professor Ralf Knackstedt von der Stiftung Universität Hildesheim und Lehrkräften, wie sich Geschäftsprozesse nachhaltiger gestalten lassen.

Nachhaltiges Wirtschaften erscheint vor dem Hintergrund aktueller Diskussionen zu Klimawandel, Ressourcenerschöpfung und sozialer Gerechtigkeit von wichtiger gesellschaftlicher Bedeutung zu sein. Im Rahmen des Denkwerks lernten die Schülerinnen und Schüler die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit kennen: Der Kauf regionaler Produkten ist zum Beispiel besser für die Umwelt, da die Produkte nicht von weither eingeflogen werden müssen. Abwechslungsreiche Arbeit ist vielleicht angenehmer für Arbeitnehmer und kann die soziale Nachhaltigkeit fördern. Spart man Geld im Produktionsprozess ein, so ist das für das Unternehmen ökonomisch nachhaltiger. Mit Hilfe von Prozessanalysen können solche Potentiale systematisch aufgedeckt werden.

Dazu lernten die Schülerinnen und Schüler, wie man Prozesse erhebt und dokumentiert. Zunächst wurde an kleinen Alltagsbeispielen geübt: „Wie bereite ich mich auf eine Klausur vor? Notiere die wesentlichen Prozessschritte.“ Die Jugendlichen dokumentierten ihren gelebten Prozess der Klausurvorbereitung, analysierten ihn und deckten Verbesserungspotentiale auf. Anschließend wurde das Gelernte außerhalb der Schule bei Unternehmen angewandt. Es ging zum Beispiel um die Arbeitsabläufe in der Gastronomie und Großküchen wie Kantinen oder Mensen. 40 Schülerinnen und Schüler besuchten die Mensa der Hildesheimer Universität und befragten in Kleingruppen Mitarbeiter der Mensa, um die Prozesse zu erheben.

„Das war eines der Highlights im Denkwerk“, blickt Marion Herrmann, Lehrerin an der Buhmannschule, auf die Prozesserhebung zurück. Die Schülerinnen und Schüler konnten erste Erfahrungen in der Interviewführung sammeln. „Die Auswahl von wichtigen Informationen aus einer großen Flut an gewonnenen Daten ist schon eine Herausforderung gewesen. Diese Aufgabe wurde aber gut gemeistert. Letztendlich wurden die aufgenommenen Prozesse strukturiert mit einer Modellierungssprache dokumentiert“, sagt Kristin Kutzner, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität.

„Manch ein Teilnehmer erkannte im Denkwerk, dass Studiengänge wie Wirtschaftsinformatik nicht allein auf die Programmierung von Software vorbereiten, sondern auch die Kompetenz zur Entwicklung gänzlich neuer Geschäftsmodelle und/oder die kontinuierliche Verbesserung betrieblicher Abläufe vermitteln. Für manch einen Teilnehmer wurden Optionen der Studien- und Berufswahl erst mit dem Denkwerk bedeutend erweitert. Vor dem Hintergrund ist es gut zu wissen, dass man sich bis zum 15. Juli noch seinen IT-Studienplatz an der Stiftung Universität Hildesheim sichern kann“, sagt Prof. Ralf Knackstedt.

In diesem Halbjahr trafen sich die Schülerinnen und Schüler und betrachteten die erstellten Prozessmodelle. Sie erkannten, dass man die Aspekte der Nachhaltigkeit in dem Prozess bisher nicht optimal abbilden konnte. Man erkannte bisher zum Beispiel, dass die Mensa regelmäßig gereinigt wurde. Jedoch fehlte eine Einschätzung über die Umweltverträglichkeit der Reinigungsmittel.

Die Schülerinnen und Schüler erarbeiteten in Kleingruppen Möglichkeiten, um solche Aspekte im Prozessmodell zu integrieren. Anschließend stellten sie die Ergebnisse auf Plakaten vor. „Bei uns muss ein Baum an den Prozessschritt notiert werden, um die ökologische Nachhaltigkeit darzustellen. Ein Strichmännchen steht für die soziale Nachhaltigkeit und das Euro-Zeichen soll die Ökonomie verdeutlichen. Wenn die Prozessschritte nachhaltig gestaltet sind, werden die Symbole in Grün notiert, sonst in Rot“, erklärte eine Schülerin. Eine andere Gruppe überlegte sich ein Ampel-Element. „Leuchtet die Ampel rot, so ist der Prozessschritt nicht nachhaltig. Leuchtet die Ampel gelb, ist es zwar schon besser, aber noch nicht optimal. Grün zeigt, dass die Nachhaltigkeit perfekt umgesetzt wird“, beschrieb ein Schüler.

Nun stellte sich die Frage: Welche Symbolerweiterungen sind die besten? Um das zu untersuchen, sollten andere Schülerinnen und Schüler außerhalb des Denkwerks befragt werden. Dazu erstellten die Jugendlichen einen Fragebogen, den sie in anderen Jahrgängen ihrer Schulen sowie in einer Denkwerk-Kooperationsschule austeilten. Insgesamt nahmen 52 Personen an der Befragung teil. „Was macht man bei nicht leserlicher Schrift? Wie geht man mit unausgefüllten Feldern um?“ Diese Fragen beschäftigten die Schülerinnen und Schüler unter anderem im Anschluss bei der Auswertung der Fragebögen. Die Auswertung zeigte, dass die entwickelten Ideen einen Mehrwert in den Prozessmodellen darstellten.

Die Robert-Bosch-Stiftung förderte für drei Jahre das Projekt „Denkwerk-SchülerUni: Nachhaltige Geschäftsprozesse gestalten“. Zu den schulischen Partnern zählten die Michelsenschule, die Buhmannschule, das Josephinum und die Marienschule. Das Institut für Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik zusammen mit dem Gleichstellungsbüro der Stiftung Universität Hildesheim und weiteren universitären Partnern erforschten die nachhaltige Gestaltung von Prozessen sowie Modellierungssprachen.

Mehr lesen: Bericht vom Denkwerk-Projekt 2016


„Die Anwendungsnähe hilft für das Verständnis ungemein“, sagt Professor Ralf Knackstedt. Der Wirtschaftsinformatiker der Universität Hildesheim analysiert mit Jugendlichen, hier in der Uni-Mensa, wie Unternehmen Informationsmengen managen und Geschäftsprozesse verbessern können. Fotos: Isa Lange/Uni Hildesheim

„Die Anwendungsnähe hilft für das Verständnis ungemein“, sagt Professor Ralf Knackstedt. Der Wirtschaftsinformatiker der Universität Hildesheim analysiert mit Jugendlichen, hier in der Uni-Mensa, wie Unternehmen Informationsmengen managen und Geschäftsprozesse verbessern können. Fotos: Isa Lange/Uni Hildesheim

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