Wie läuft der Alltag im Sportunterricht ab?

Friday, 17. March 2017 um 16:16 Uhr

Aus der Forschung: Dennis Wolff untersucht in seiner Doktorarbeit das Geschehen im Sportunterricht. Der Sportwissenschaftler analysiert das Zusammenspiel im Unterrichtsalltag. In mehreren Schulklassen und Schulformen hat er Raumbewegungen, Gesten, Blicke, Körperpositionen, die Verteilung von Rederechten und den Einbezug von Dingen untersucht. Solche Analysen fehlten bisher.

„Wo Ordnung ist, ist Unordnung nicht weit“, schreibt Dennis Wolff. Wie wird soziale Ordnung im Sportunterricht hergestellt, wie ein gutes Miteinander aufrechterhalten, damit eine Stunde nicht im Chaos endet? „Soziale Ordnung ist zunächst eine ständige Handlungsanforderung an die jeweiligen Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler“, sagt Wolff.

Der Hildesheimer Sportwissenschaftler analysiert in seiner Dissertation das Zusammenspiel im Unterrichtsalltag. Wie läuft der Unterricht eigentlich ab? Analysen des Alltags im Schulsport, die die Körperlichkeit und Materialität des Geschehens einbeziehen, fehlen bisher. Der typische Sportunterricht findet in einer Halle umgeben von Feldlinien und Geräten statt, ohne Stühle, Tische oder Tafel – fern des schultypischen Arbeitsmaterials. In seiner empirisch-qualitativen Unterrichtsforschung in mehreren Schulklassen und Schulformen analysiert Dennis Wolff Raumbewegungen, Gesten, Blicke, Körperpositionen, die Verteilung von Rederechten oder den Einbezug von Dingen, die Handlungsroutinen von Lehrerinnen und Lehrern und Schülerinnen und Schülern.

Ein Ergebnis seiner Forschung: Die Körperlichkeit und der Einsatz von Dingen sind von zentraler Bedeutung, wurden bisher aber häufig vernachlässigt, sagt Dennis Wolff und nennt ein Beispiel aus seinen Beobachtungen im Schulalltag: „Das Handeln der Lehrerinnen und Lehrer und der Kinder ist ständig von ungewissen Momenten geprägt, welche stets situativ bewältigt werden müssen. Alle Beteiligten stehen somit immer vor der Handlungsanforderung, soziale Ordnung aufrechtzuerhalten.“ Wolffs Analyse zeigt auch, wie Gespräche im Sport verlaufen – wer hat wann das Recht zu Reden oder die Pflicht zu Schweigen? „Die Kinder üben mit der Zeit immer routinierter die schulische Interaktionskultur ein. Ähnlich zeigt es sich bei dem Einsatz von Blicken: Wie wird über das Blickverhalten Aufmerksamkeit hergestellt oder wie nutzen andererseits die Jugendlichen die blinden Flecken von Lehrkräften, um für kurze Zeit gewisse Ordnungen im Stationsbetrieb zu unterlaufen?“

Dennis Wolff arbeitet am Institut für Sportwissenschaft der Universität Hildesheim. Das Sportinstitut bildet Sportlehrerinnen und Sportlehrer aus. In einem Masterstudiengang setzen sich Studentinnen und Studenten mit Sport, Gesundheit und Leistung in der Lebensspanne auseinander.

Zur Person

Dr. Dennis Wolff, 34, geboren in Wolfsburg, Titel der Doktorarbeit „Soziale Ordnung im Sportunterricht. Eine Praxeographie“, betreut durch Prof. Dr. Peter Frei vom Institut für Sportwissenschaft der Stiftung Universität Hildesheim sowie Prof. Dr. Swen Körner vom Institut für Pädagogik und Philosophie der Deutschen Sporthochschule Köln. Seine Forschungsschwerpunkte sind die empirisch-qualitative Unterrichtsforschung sowie die Soziologie der Praktiken und des Körpers.

Lesetipp: Dennis Wolff, „Soziale Ordnung im Sportunterricht – Eine Praxeographie“, 2016, 370 Seiten, transcript Verlag

Einblicke in Forschung

Dieser Artikel ist Teil einer fortlaufenden Serie über Doktorandinnen und Doktoranden an der Universität Hildesheim. Im vorigen Teil hat die Erziehungswissenschaftlerin Wiebke Hiemesch aus ihrer Forschung berichtet. Es folgen Interviews mit einem Mathematiker, einem Kulturwissenschaftler und einer Übersetzungswissenschaftlerin. Wer Einblicke in seine Arbeit, Forschungsmethoden und wissenschaftliche Erkenntnisse geben möchte, kann sich gerne in der Pressestelle bei Isa Lange melden (presse@uni-hildesheim.de).


Dennis Wolff arbeitet am Institut für Sportwissenschaft der Universität Hildesheim. Fotos: Isa Lange/Uni Hildesheim

Dennis Wolff arbeitet am Institut für Sportwissenschaft der Universität Hildesheim. Fotos: Isa Lange/Uni Hildesheim