Über 90 Prozent Mütter: Eltern-Kind-Gruppen in Niedersachsen untersucht

Tuesday, 10. April 2012 um 10:27 Uhr

Eltern-Kind-Gruppen sind ein Austauschforum für junge Eltern, vorwiegend werden sie aber von Müttern aus der Mittelschicht (über 90 Prozent), selten von Vätern (unter 3 Prozent), Alleinerziehenden und Familien mit Zuwanderungsgeschichte besucht. Das zeigen Ergebnisse des Transfer- und Evaluationsprojekts „Pädagogische Nachhaltigkeit der Elternbildung in Eltern-Kind-Gruppen“ der Universität Hildesheim. Befragt wurden Eltern aus 42 Gruppen in Süd-Ost-Niedersachsen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Kompetenzzentrums Frühe Kindheit Niedersachsen der Stiftung Universität Hildesheim haben in Kooperation mit sechs Familien-Bildungsstätten in Süd-Ost-Niedersachsen die pädagogische Nachhaltigkeit der Elternbildung in Eltern-Kind-Gruppen untersucht: Im Zentrum stand dabei die Frage, mit welchen Erwartungen junge Eltern in die Gruppen gehen und was sie dort erleben.

Eltern-Kind-Gruppen unterstützen Mütter und Väter in ihrer neuen Lebenssituation als Elternteile und bieten gleichzeitig Kindern die Möglichkeiten Erfahrungen unter ihresgleichen zu sammeln.

„Eltern gehen zur Eltern-Kind-Gruppe um sich mit anderen Eltern über Erfahrungen auszutauschen – vom Stillen über das Zahnen bis hin zu alltäglichen Fragen zu der Entwicklung von Kleinkindern. Die Ergebnisse des Projektes zeigen, dass Eltern ihr Kind bereits in dieser Lebensphase in der Entwicklung fördern möchten. Die Weiterentwicklung ihrer eigenen Elternkompetenz steht dabei weniger im Vordergrund. Nur ca. 50 Prozent der befragten Eltern möchten in diesen Gruppen explizit etwas über die Entwicklung und Erziehung von Kindern lernen“, unterstreicht Anne Zipfel, die das Transferprojekt an der Universität Hildesheim seit September 2011 wissenschaftlich begleitet.

Es fällt auf, dass Väter kaum präsent in den Gruppen sind (unter 3 %). „Wir vermuten, dass Väter nicht so stark an einem öffentlichen Austausch über Erziehungsfragen interessiert sind. Die teilnehmenden Mütter – überwiegend der gut situierten Mittelschicht – kommen häufig mit dem ersten Kind. Alleinerziehende, Familien mit Migrationshintergrund (5 Prozent) und Eltern mit einem geringeren Bildungsstand sind unter den  befragten Eltern kaum vertreten – obwohl doch auch diese zu den Zielgruppen der Familienbildung gehören sollten“, betont Zipfel.

Die Ergebnisse des zweijährigen Transferprojekts, welches im April 2010 unter der wissenschaftlichen Begleitung von Dr. Severine Thomas gestartet ist, unterstreichen die hohe Bedeutung von Eltern-Kind-Gruppen sowohl für die kindliche Entwicklung als auch für die Orientierung junger Eltern in der für sie neuen Lebenssituation. „Fachpolitisch und wissenschaftlich werden Eltern-Kind-Gruppen leider kaum beachtet, dabei ist die professionelle Begleitung der Eltern durch Kursleitungen, die nicht belehren, sondern pädagogische Impulse geben, wichtig, erklärt Prof. Dr. Peter Cloos, Erziehungswissenschaftler an der Universität Hildesheim und wissenschaftlicher Leiter des Projekts. Im Rahmen des Transferprojekts wurden auch Fortbildungen zur Professionalisierung von Fachbereichs- und Kursleitungen der Eltern-Kind-Gruppen konzipiert und durchgeführt. Die Qualität des bestehenden Angebots konnte so nicht nur gesichert, sondern auch weiterentwickelt werden.

Die Ergebnisse des Projekts und die Erfahrungen des Transfers in die Praxis der jeweiligen Familien-Bildungsstätten sind in einem Arbeitshandbuch dokumentiert, das im Rahmen der Abschlusstagung präsentiert wird.

Die Abschlusstagung beginnt am Freitag, 13. April, um 10:15 Uhr mit einem Grußwort von Vizepräsident Prof. Dr. Toni Tholen und Reinhold Jenders von der Evangelischen Familien-Bildungsstätte Salzgitter. Im Anschluss referieren ab 10:45 Uhr Prof. Dr. Peter Cloos und Dr. Severine Thomas, Stiftung Universität Hildesheim, zum Thema „Pädagogische Nachhaltigkeit in Eltern-Kind-Gruppen" und stellen die Ergebnisse des Projekts vor. Ab 11:30 Uhr geht es in die direkte Diskussion in kleinen Gesprächsrunden. Die Tagung endet um 13:00 Uhr mit Abschlussworten von Anne Zipfel. Die Tagung richtet sich an alle Interessierte, die Teilnahme ist kostenfrei.

Kooperationspartner des Projekts sind die ev. Familien-Bildungsstätte Salzgitter, Wolfenbüttel und Göttingen, das Haus der Familie Braunschweig sowie die Katholische Erwachsenenbildung in der Diözese Hildesheim e.V. Förderer sind das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur und das Niedersächsische Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe).

Tagungsort: Musiksaal der Stiftung Universität Hildesheim (Marienburger Platz 22, 31141 Hildesheim)

„Frühkindliche Erziehung. Im Spielkreis bleibt der Vater ein Exot", Artikel über die Forschung an der Universität Hildesheim in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, 14.04.2012