Psychologie: Studie zur Effektivität von Präventionsstrategien in Kommunen / Befragungen von Fünft- bis Elftklässlern

Wednesday, 11. August 2021 um 08:44 Uhr

Forscherinnen des Instituts für Psychologie der Universität Hildesheim befassen sich mit evidenzbasierten Präventionsstrategien in Kommunen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert eine bundesweite Studie. Im Rahmen von Präventionsprogrammen planen Kommunen ihre Präventionsmaßnahmen für Jugendliche zielgerichtet. Ein Ziel ist es unter anderem, Verhaltensproblemen bei Kindern und Jugendlichen frühzeitig entgegenzuwirken. Das Forschungsteam vergleicht nun im Rahmen der Studie, ob Prävention in Kommunen mit dem Programm „Communities that Care“ besser gelingt als in Kommunen, die andere Präventionsstrategien verfolgen.

Ein Forschungsteam der Universität Hildesheim und der Medizinischen Hochschule Hannover befasst sich in einer bundesweiten Studie mit Präventationsstrategien in Kommunen. Die Wirksamkeit des Präventionssystems „Communities that Care“ (CTC) soll evaluiert werden.

Das Forschungsteam um Prof. Dr. Renate Soellner, Dr. Maren Reder und Nele Feierabend vom Institut für Psychologie der Universität Hildesheim führt in ausgewählten Kommunen in vier Bundesländern Befragungen von Fünft- bis Elftklässlern durch. Die Erhebungen finden jeweils 2021/22 und 2023/24 statt.

Kooperationspartner sind die Medizinische Hochschule Hannover, der Landepräventionsrat Niedersachsen und der Deutsche Präventionstag. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt.

Wie effektiv ist das Präventionssystem „Communities That Care“?

Im Rahmen des kommunalen Präventionssystems „Communities that Care“ (CTC) werden Kommunen in Niedersachsen angeleitet, ihre Präventionsmaßnahmen für Jugendliche zielgerichtet zu planen. Diese Präventionsmaßnahmen werden von den Kommunen auf der Grundlage von Schülerbefragungen zu Problemverhalten sowie zu Risiko- und Schutzfaktoren ausgewählt. Ziel ist es unter anderem, Verhaltensproblemen bei Kindern und Jugendlichen frühzeitig entgegenzuwirken. Das Forschungsteam des Instituts für Psychologie der Universität Hildesheim ist bereits seit 2012 für die niedersachsenweiten Befragungen zuständig und ermittelt landesweite Referenzwerte für Risiko- und Schutzfaktoren.

Evidenzbasierte Prävention – Wie wirksam sind die Präventionsmaßnahmen?

„Bisher fand keine Evaluation in Deutschland zur Wirksamkeit des CTC-Präventionsprogramms statt“, sagt Dr. Maren Reder. Seit den 1990er Jahren wird das Präventionssystem „Communities that Care“ in den USA und seit 2009 in Deutschland angewandt.

Die Universität Hildesheim vergleicht nun im Rahmen der Studie, ob Prävention in Kommunen mit dem Programm „Communities that Care“ besser gelingt als in Kommunen, die andere Präventionsstrategien verfolgen.

„Wie findest du es, wenn jemand in deinem Alter etwas klaut?“ / „Erzählst du deiner Mutter, was dich beschäftigt?“

Befragungen von Fünft- bis Elftklässern beginnen im Herbst 2021

„Bevor Problemverhalten auftritt, können anhand der Risiko- und Schutzfaktoren bei Fünft- bis Elftklässlern in den Kommunen relevante Problembereiche identifiziert sowie Interventionen in der jeweiligen Kommune ausgewählt und implementiert werden. Die Interventionen setzen teilweise schon in der Grundschule oder davor an“, erläutert Maren Reder.

„Unser Fokus ist die Kinder- und Jugendbefragung. Wir befragen Kinder und Jugendliche und können so herausfinden, welche Risikofaktoren und welche Schutzfaktoren vorliegen. Die Fünftklässler befragen wir in einer Längschnittanalyse und die Sechst-, Acht-, Zehnt- und Elftklässler im Querschnitt“, so Reder.

Risikofaktoren können in verschiedenen Lebensbereichen auftreten, etwa in der Familie, in der ein Kind aufwächst; im Stadtteil, in dem ein Kind lebt; oder in der Schule, die ein Kind besucht. Zu Problemverhaltensweisen zählen unter anderem Alkohol- und illegaler Substanzkonsum, Gewalt und delinquentes Verhalten. Auch die Opfererfahrung durch Partnerschaftsgewalt, Mobbing oder diskriminierendes Verhalten wird erfasst. Schutzfaktoren wirken dabei als Puffer und können auch bei starken Risikobelastungen das Auftreten von einem Problemverhalten verhindern.

Zwei Beispiele aus dem Fragebogen an die Kinder und Jugendlichen:

  • Beispiel Risikofaktor (zustimmende Haltung  zu anti-sozialem Verhalten)
    Wie findest du es, wenn jemand in deinem Alter etwas klaut?

  • Beispiel Schutzfaktor (familiärer Zusammenhalt)
    Erzählst du deiner Mutter, was dich beschäftigt?

Die Befragungen führt das Hildesheimer Forschungsteam in Kommunen in Niedersachsen, Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz durch. Die Befragungen finden am Ende des 1. Schulhalbjahres Ende 2021/Anfang 2022 statt. Die genauen Termine unterscheiden sich je nach Bundesland. „Wir sichern die faktische Anonymität zu, die Befragungen erfolgen über einen Online-Fragebogen“, so Reder.

Über ihre Motivation für die Forschung in diesem Bereich sagt Maren Reder: „Das ganz große Ziel sind lebenswerte Kommunen, in denen man gut aufwachsen kann. CTC ist eine der vielversprechenden Präventionsstrategien. In den USA liegen gute Evaluationsergebnisse vor. Es ist naheliegend, CTC in Deutschland zu nutzen. Aber wir sollten erfassen, ob CTC auch in Deutschland wirksam ist und hierfür eine Evidenzbasis schaffen.“

Forschung zu Gesundheitspsychologie und Public Health

Dr. Maren Reder forscht seit knapp zehn Jahren an der Universität Hildesheim in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Renate Soellner zu Themen der Gesundheitspsychologie und Public Health. Die Gesundheitswissenschaftlerin hat sich in ihrer Promotion an der Universität Bielefeld mit Entscheidungshilfen zum Mammagraphiescreening befasst und forscht seit sechs Jahren zu Präventionsstrategien in Kommunen, zunächst mit einem Fokus auf Niedersachsen und nun in der bundesweiten Studie.


Renate Soellner und Maren Reder forschen in der Arbeitsgruppe Forschungsmethoden und Evaluation des Instituts für Psychologie der Universität Hildesheim. Fotos: privat

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