Ortheils literarisches Werk wird untersucht

Monday, 02. July 2007 um 00:00 Uhr

Kolloquium an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Internationale Literaturwissenschaftler widmen sich im Rahmen eines Kolloquiums vom 5. bis 7. Juli vor allem den Arbeiten, die der Hildesheimer Professor für Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in den letzten 10 Jahren veröffentlicht hat.

Die Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Prof. Dr. Friedhelm Marx, veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia und gefördert durch die Fritz-Thyssen-Stiftung, vom 05. bis 07.Juli 2007 ein Internationales Kolloquium zum literarischen Werk des an der Universität Hildesheim lehrenden Schriftstellers Hanns-Josef Ortheil ("Kunsterzählen. Das literarische Werk Hanns-Josef Ortheils").

Dabei werden Literaturwissenschaftler aus den USA (Prof. Dr. Paul Michael Lützeler /Saint Louis), England (Prof. Dr. Rüdiger Goerner/London, Prof. Dr. Helmut Schmitz/ Warwick), Italien (Dr. Stephanie Catani) und deutschen Universitäten (Hamburg/ Heidelberg/ Duisburg-Essen/ Paderborn/ Bamberg) vor allem Untersuchungen zu den in den letzten zehn Jahren erschienenen Arbeiten Ortheils vortragen.

Alle Interessierten sind zu diesem Kolloquium eingeladen, die Vorträge werden als Buch im kommenden Jahr im Wallstein-Verlag/ Göttingen erscheinen.

Informationen zum Kolloquium auf der Homepage der Otto-Friedrich-Universität Bamberg/ Sprach- und Literaturwissenschaft/ Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft.


Hanns-Josef Ortheil

Hanns-Josef Ortheil, 1951 in Köln geboren, lebt seit 1982 als Schriftsteller in Stuttgart. Seine frühe Kindheit verbringt Ortheil ohne zu sprechen: Die ärzte diagnostizieren eine autistische Ich-Versenkung, zurückzuführen auf die Sprachlosigkeit seiner Mutter, die nach einer Kriegsverletzung an einer schweren Sprachstörung leidet. Noch bevor er das Sprechen erlernt, wird für den erst Vierjährigen das Schreiben zum zentralen Ausdrucksmedium. "Der Zauber der Schrift", hält Ortheil rückblickend über den Beginn seines Schreibens fest, "hatte mich angesteckt, er war nicht mehr zu verdrängen, nie mehr."

Neben der Literatur ist die Musik für den anfangs Sprachlosen von großer Bedeutung. Im Alter von fünf Jahren erhält Ortheil den ersten Klavierunterricht und beginnt dann eine pianistische Laufbahn, die er auch während seiner ersten Studienjahre der Kunstgeschichte in Rom verfolgt. 1971 muss er nach einer Krankheit die musikalische Karriere abrupt aufgeben, studiert stattdessen Germanistik, Musikwissenschaft und Philosophie in Mainz, Rom, Göttingen und Paris. Er schließt das Studium 1976 in Mainz mit der Promotion ab. Neben seiner literarischen Laufbahn übernimmt Ortheil zahlreiche Poetik-Dozenturen an verschiedenen deutschen Hochschulen. Seit 2003 ist er Professor für Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim.

1979 debütiert der Schriftsteller mit seinem Roman Fermer, den das ZDF im gleichen Jahr mit dem Aspekte-Literaturpreis auszeichnet. Zahlreiche Romane und Essaybände folgen und haben Hanns-Josef Ortheil inzwischen als einen der renommiertesten deutschen Gegenwartsautoren etabliert. In Texten wie Hecke (1983), Agenten (1989) oder Abschied von den Kriegsteilnehmern (1992) greift der Autor historisch-politische Zäsuren deutscher Vergangenheit auf, thematisiert die deutsche Kriegs- und Nachkriegsgeschichte und inszeniert dabei die konfliktbeladene Auseinandersetzung mit der Vätergeneration. Daneben erzählen Ortheils Romane, beispielhaft seine Künstlertrilogie Faustinas Küsse (1998), Im Licht der Lagune (1999) und die Nacht des Don Juan (2000), von der Leidenschaft für Kunst, Literatur und Musik, insbesondere von der großen Bewunderung für das Werk Mozarts. Nach dem frühen Essay Mozart – Im Innern seiner Sprache (1982) veröffentlicht Ortheil zuletzt im Mozartjahr 2006 sein Hör-Tagebuch Das Glück der Musik. Vom Vergnügen, Mozart zu hören. Ortheils jüngster Roman Die geheimen Stunden der Nacht erscheint 2005 und feiert Erfolge bei Publikum und Kritik. Neben mehreren Essaybänden und Monographien entstanden zwei Opern-Libretti und zwei Drehbücher für Fernsehfilme des ZDF sowie der Film Schauplätze meiner Phantasien. Rom, Venedig und Prag. Ein elektronisches Tagebuch.


Publikationen (Auswahl)

1979 Fermer. Roman

1982 Mozart – im Innern seiner Sprachen. Essay

1983 Hecke. Roman

1987 Schwerenöter. Roman

1989 Agenten. Roman

1992 Abschied von den Kriegsteilnehmern. Roman

1996 Blauer Weg. Literarisches Tagebuch (1989-1995)

1998 Faustinas Küsse. Roman

1999 Im Licht der Lagune. Roman

2000 Die Nacht des Don Juan. Roman

2001 Lo und Lu. Roman eines Vaters. Roman

2003 Die große Liebe. Roman

2004 Die weißen Inseln der Zeit, Lektüren. Orte. Bilder.

2005 Die geheimen Stunden der Nacht. Roman

2006 Das Glück der Musik. Vom Vergnügen, Mozart zu hören.


Förderungen und Preise

1979 Aspekte-Literaturpreis des ZDF für Roman Fermer

1982 Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen

1982 Sonderpreis der Lektoren beim Ingeborg-Bachmann Wettbewerb in Klagenfurt

1989 Literaturpreis der Landeshauptstadt Stuttgart

1991 Villa Massimo-Stipendium

2000 Stadtschreiber von Mainz

Brandenburger Literaturpreis

2002 Thomas-Mann-Preis der Stadt Lübeck

2004 Georg-K.-Glaser Preis für Die weißen Inseln der Zeit

2005 Literarischer Ehrenbürger der Stadt Venedig


Bild: Hanns-Josef Ortheil. Foto: Peter von Felbert

Hanns-Josef Ortheil. Foto: Peter von Felbert