Ministerpräsident Weil: „Integration ist Schlüsselaufgabe in Niedersachsen"

Monday, 12. August 2013 um 11:45 Uhr

Afrikanische und persische Klänge ertönen im Film, im Restaurant. Sie sind längst im Alltag in Deutschland angekommen. Was tun mit der musikalischen Vielfalt? Aufgreifen, erkunden, anerkennen – fordern Studierende der Universität Hildesheim. Sie zeigten beim Empfang des Niedersächsischen Ministerpräsidenten anlässlich des Ramadan-Festes ihr musikalisches Können.

„Wir drücken heute unseren muslimischen Mitbürgern Respekt und Freundschaft aus. Dies tun wir aber nicht alleine, sondern gemeinsam mit vielen anderen Konfessionen“, sagte der Niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil. „Integration ist eine Querschnittsaufgabe. Das Zusammenwachsen von Menschen unterschiedlicher Kulturen ist eine der Schlüsselaufgaben für uns in Niedersachsen und in ganz Deutschland.“ Der interreligiöse Dialog trage dazu bei, „dass wir zusammenrücken, uns verstehen und miteinander leben und arbeiten“. Zum Ende des Fastenmonats Ramadan im August lud der Ministerpräsident Gäste aus verschiedenen Religionsgemeinschaften und Weltanschauungen – darunter Vertreterinnen und Vertreter katholischen, evangelischen, alevitischen, schiitischen, jüdischen, griechisch-orthodoxen und koptischen Glaubens – erstmals zu einem Empfang in das Gästehaus der Landesregierung ein. Erwidert wurde die Begrüßungsansprache durch Yilmaz Kilic, Vorsitzender des Landesverbandes Niedersachsen der DITIB (Diyanet Işleri Türk İslam Birliği), der auf die geringe Zahl von Menschen aus Einwandererfamilien im öffentlichen Dienst hinwies.

Musikalisch wurde die Feierlichkeit vom Studiengang „musik.welt – Kulturelle Diversität in der musikalischen Bildung“ gestaltet. „Ich bedanke mich sehr herzlich bei den Studierenden der Universität Hildesheim, die heute altpersische Weisen spielen“, sagte Ministerpräsident Weil, der sich im Anschluss über das Studium informierte. Johanna Udert, Misagh Joolaee und Kaveh Madadi begannen mit Melodien auf einer persischen Kniegeige (Kamanche) und Bechertrommel (Tombak). Esin Savas und Johanna Udert spielten türkische und europäische Volkslieder auf einer türkischen Langhalslaute (Saz) und Geige.

Die Universität Hildesheim bietet am Center for World Music einen Studiengang an, der die musikalische Vielfalt aufgreift. „Wir – Musiker, Lehrer, Erzieher und Sozialpädagogen – lernen berufsbegleitend, wie wir die musikalische Vielfalt in unserer Arbeit in Schulen, in der Frühkindlichen Bildung und Sozialen Arbeit nutzen können", erklärte Esin Savas dem Ministerpräsidenten. Das zweijährige Studium beinhaltet eine musikethnologische und -pädagogische Ausbildung. Schwerpunkte liegen in den Bereichen Interkulturelle Musikpädagogik, Musik und Soziale Arbeit, Projektmanagement, Tonproduktion und Ensemblepraxis. So ungewöhnlich wie der Hörsaal – ein ehemaliger Kirchenraum mit mehr als 3000 Musikinstrumenten aus allen Erdteilen aus der Sammlung Irle – ist ihr Studium: Jeder Student erlernt ein Instrument, das nicht aus seiner eigenen Kultur stammt, und entwickelt ein Praxisprojekt. In Hannover kommen Jugendliche und Erwachsene zweier Gruppen – Saz und Geige – zum Musizieren zusammen, die Musikschule in Hildesheim wird auf ihrem Weg zur interkulturellen Öffnung begleitet und Musiker reisen mit Musikkoffer durch Niedersachsen.

20 Berufstätige aus sieben Herkunftsländern – darunter Georgien, Marokko, Türkei, Russland und Iran – schließen derzeit ihr Studium ab. Die 20- bis 60-Jährigen sind als Erzieherin und Orchestergeigerin, als Lehrer für herkunftssprachlichen Unterricht, als Elektrotechniker und freier Musiker tätig. „Musik ist eine emotionale Kraft – sie kann Verständigung fördern aber auch trennend wirken“, betont der Musikethnologe Prof. Dr. Raimund Vogels. Der Kanon in Schulen sei „auf europäische Instrumente und wenige Werke reduziert“. Viele können „mit der Tatsache, dass Musikkulturen dieser Welt in gewisser Weise gleichwertig sind und ihre besonderen kulturellen und ästhetischen Fähigkeiten haben, nicht viel anfangen“, so Vogels. Das Studienprogramm soll dies ändern. „Die Bundesrepublik Deutschland ist Einwanderungsland. Die Studierenden im Weiterbildungsstudiengang zeigen eindrucksvoll, wie wir mit kultureller Vielfalt umgehen können“, sagt Universitätspräsident Prof. Dr. Wolfgang-Uwe Friedrich. In Hildesheim entsteht ein Forschungs- und Lehrschwerpunkt im Bereich Bildung und Einwanderung. „Wir wollen Integration und die Bildungschancen von Menschen aus Einwanderungsfamilien fördern, erkennen aber gleichzeitig ihre vielfältigen Erfahrungen an.“

Deshalb startet im Januar 2014 der Studiengang in die zweite Runde. Die Universität ermutigt Menschen aus Einwanderfamilien, sich bis zum 1. November 2013 zu bewerben. Studieninteressierte wenden sich an Morena Piro (05121.883-295, piro@musikwelt-niedersachsen.de). Der Studiengang musik.welt ist Teil eines Programms der Stiftung Niedersachsen und wurde gemeinsam mit der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover entwickelt.

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Medienkontakt: Pressestelle der Universität Hildesheim (Isa Lange, 05121.883-102, presse@uni-hildesheim.de)


Ministerpräsident Stephan Weil im Gespräch mit den Studierenden Esin Savas, Misagh Joolaee und Johanna Udert sowie Raimund Vogels, Professor für Musikethnologie. Am Center for World Music der Uni Hildesheim lernen Musiker, Lehrer, Erzieher und Sozialpädagogen, wie sie die musikalische Vielfalt in ihrer Arbeit aufgreifen können. Fotos: Isa Lange/Uni Hildesheim

Ministerpräsident Stephan Weil im Gespräch mit den Studierenden Esin Savas, Misagh Joolaee und Johanna Udert sowie Raimund Vogels, Professor für Musikethnologie. Am Center for World Music der Uni Hildesheim lernen Musiker, Lehrer, Erzieher und Sozialpädagogen, wie sie die musikalische Vielfalt in ihrer Arbeit aufgreifen können. Fotos: Isa Lange/Uni Hildesheim

Ministerpräsident Stephan Weil mit Esin Savas, Misagh Joolaee, Johanna Udert und Prof. Dr. Raimund Vogels. Am Center for World Music lernen Musiker, Lehrer, Erzieher und Sozialpädagogen, wie sie die musikalische Vielfalt in ihrer Arbeit aufgreifen können. Fotos: Isa Lange/Uni Hildesheim