Kulturcampus: Uni-Alltag erkunden

Monday, 16. January 2017 um 08:58 Uhr

40 junge Erwachsene vom „Freiwilligen Sozialen Jahr Kultur" sind zu Gast an der Universität Hildesheim: Gemeinsam mit Studierenden der Kulturwissenschaften besuchen sie Seminare, hören Vorträge und lernen so den Uni-Alltag kennen. „Während der Bildungstage geben wir einen Einblick in das Studien- und Berufsziel Kultur", sagt Julia Speckmann vom Fachbereich Kulturwissenschaften und Ästhetische Kommunikation.

Vom 16. bis 18. Januar 2017 sind zum zehnten Mal etwa 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des „Freiwilligen Sozialen Jahres Kultur" (FSJ) aus allen Regionen Deutschlands zu Gast auf dem Kulturcampus der Universität Hildesheim. Sie bekommen dort einen Einblick in die kulturvermittelnden Studiengänge Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis, Szenische Künste, Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus sowie Philosophie-Künste-Medien.

Im FSJ Kultur engagieren sich junge Menschen zwischen 16 bis 27 Jahren für ein Taschengeld in Museen und Theatern, in Medientreffs und Kunstschulen, in Bibliotheken und Gedenkstätten, in Musikeinrichtungen oder soziokulturellen Zentren, erklärt Julia Speckmann. „Die Jugendlichen sind dort in den ganz normalen Arbeitsalltag integriert und bereichern das Programm mit einem eigenständigen Projekt. Diese Tätigkeiten im Kulturbereich passen perfekt zu unseren Hildesheimer Studiengängen. Während der Bildungstage geben wir einen Einblick in das Studien- und Berufsziel Kultur", so Speckmann. Sie vermittelt Praktika und informiert an der Universität über Arbeitsfelder für Kulturschaffende.

Gemeinsam mit Studierenden der Kulturwissenschaften besuchen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Seminare und Vorlesungen, hören Vorträge und bekommen einen Einblick in die Projektarbeit. So lernen sie die künstlerische und die wissenschaftliche Seite dieser Studiengänge kennen, sagt Julia Speckmann.

Die Bildungstage sind eine Kooperation des Fachbereichs „Kulturwissenschaften und ästhetische Kommunikation“ der Stiftung Universität Hildesheim, für den das Institut für Kulturpolitik die Koordination übernimmt, und der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Niedersachsen e.V., dem Träger des FSJ Kultur in Niedersachsen, Hamburg und Bremen.

„Hier will ich Theater machen!"

Nachgefragt bei Julia Speckmann vom Fachbereich Kulturwissenschaften und Ästhetische Kommunikation

Seit zehn Jahren erhalten junge Erwachsene an der Universität Hildesheim Einblicke in das Studium der Kulturwissenschaften. Warum bietet der kulturwissenschaftliche Fachbereich die Bildungstage an?

Julia Speckmann: Wir bieten die Bildungstage inzwischen schon seit zehn Jahren an, weil sie den Jugendlichen einen intensiven Blick in alles bieten, was für uns zum Studium der kulturwissenschaftlichen Studiengänge dazugehört: Lehre, freie Projektarbeit und das Unileben mit Kommilitoninnen und Kommilitonen drumherum. Drei Tage lang das Domänenleben zu erkunden und mit studentischen Mentorinnen und Mentoren zu sprechen, da kann man sich schon einen umfassenden Überblick verschaffen – sicherlich viel besser, als es an einem einzelnen Infotag möglich ist. Und die Teilnehmenden passen einfach super hierher, obwohl sie noch so jung sind. Meist sind sie während ihres FSJ Kultur schon durch Hildesheimer Alumni als Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzte auf unser Studienangebot aufmerksam geworden. Dieses Jahr sind wieder über 20 ehemalige FSJ-ler_innen unter den Erstsemestern.

Wie wichtig sind für die Teilnehmer die Begegnungen mit Lehrenden?

Die Begegnung mit Lehrenden ist aus meiner Sicht essentiell. Daher gehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch einen ganzen Tag über mit in Lehrveranstaltungen, von der großen Einführungsvorlesung bis hin zu ganz kleinen Seminaren, in denen individuell und praktisch gearbeitet wird. Dort erleben sie verschiedene Lehrformate, aber eben auch sehr unterschiedliche Lehrstile und Lehrende, die allesamt für ihr Thema brennen und diese Begeisterung ist natürlich ansteckend. Die Lehrenden geben ja vorher ihr OK für die Teilnahme der Kleingruppen an ihren Seminaren und stellen sich immer auf die Besucherinnen und Besucher ein, das heißt sie geben nochmal einen Überblick über das seit Semesterbeginn im Seminar Behandelte und strukturieren die Sitzung so, dass die FSJ-ler_innen mitkommen und sich sogar einbringen können.

Studentinnen und Studenten sind während der Bildungstage Mentoren und begleiten die Teilnehmer durch den Uni-Alltag. Was können die Jugendlichen von den Studierenden lernen?

Wir Lehrenden machen den Werbeblock und die studentischen Mentorinnen und Mentoren sagen, wie es hier wirklich zugeht. (lacht) Zum Glück deckt sich das ja, der positive Blick auf das, was wir hier tun. Ich bin tatsächlich jedes Jahr sehr angetan davon zu sehen, wie begeistert die Mentorinnen und Mentoren von ihrem Studium in Hildesheim berichten und wie engagiert sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter ihre Fittiche nehmen, um möglichst viel zu zeigen und zu berichten – natürlich gehören dazu auch kritische Punkte, aber genau darum geht es ja: einen möglichst umfassenden Eindruck zu ermöglichen. Im Detail und in kleiner Runde mit fast Gleichaltrigen zum Beispiel über die Aufnahmeprüfung zu sprechen, nimmt auch Ängste. Und abends in der Kulturfabrik oder der studentischen WG-Küche kommen schließlich auch die wichtigsten Fragen. Dieses Jahr werden wir an einem Abend im Trillke Gut als Großgruppe zu Gast sein und die studentischen Mentorinnen und Mentoren selbst künstlerische Praxisworkshops geben.

Der Blick zurück – ein besonderer Moment aus den letzten zehn Jahren?

Zehn Jahre bin ich selbst noch nicht dabei, aber 2017 immerhin nun schon zum sechsten Mal. Da gab es einige tolle Momente in persönlichen Gesprächen mit den Jugendlichen. Die sind ja zum Zeitpunkt der Bildungstage mittendrin im Orientierungsprozess und man merkt, wie wichtig es für sie ist, Studienalltag ganz konkret zu erleben und sich darüber auszutauschen. Wenn da jemand mit leuchtenden Augen aus einer Lehrveranstaltung kommt und sagt „Hier will ich Theater machen!" ist das auf jeden Fall ein Highlight. Oder auch wenn aus der ehemaligen FSJ-lerin eine Studentin geworden ist, die sich gern an die Bildungstage erinnert und dann selbst als Mentorin dabei ist.

Die Fragen stellte Isa Lange.

 

Rückblick: Bildungstage 2017

Nachgefragt: Marvin Dreiwes, Student der Kulturwissenschaften und Mentor während der Bildungstage, gibt Einblicke in die Bildungstage an der Uni Hildesheim:

Domäne, Hohes Haus, Aula in der 3. Etage: Im großen Stuhlkreis sitzen rund 40 Jugendliche und wissen nicht genau, was sie erwartet. Auf dem Boden in der Mitte sind große Papierbögen mit Schlagwörtern wie „Musik“, „Literatur“ oder „Kunst“ ausgebreitet. Dazwischen hüpft Gregor Pellacini, Masterstudent der Kulturvermittlung, im Kreis und gestikuliert mit Masken, überdimensionalen Stiften und einer bunten Orgelpfeife. Eine sieben-minütige Liebeserklärung an Hildesheim, erklärt er danach. Im März würde er seinen Abschluss machen und hoffe nun, „dass etwas von meiner Liebe zu Hildesheim auf euch überschwappt“.

Gelegenheit dafür hatten die 40 FSJ-ler_innen aus dem Bereich Kultur, die von Montag bis Mittwoch im Rahmen der Bildungstage in Hildesheim zu Besuch waren, sichtlich genug. Um den Alltag der Domäne kennen zu lernen, ging es dafür in Kleingruppen, begleitet von insgesamt sechs Studierenden, in verschiedene Veranstaltungen. Neben Seminaren zum Experimentalfilm, dem Arbeitsfeld Kultur oder politischer Philosophie gab es auch eine Führung über die Domäne inklusive Himbeertorte im Hofcafé. An den Abenden wurden verschiedene freie studentische Projekte wie das Prosanova, das NERV-Magazin oder der Kunstraum53 vorgestellt. Abgerundet wurde das Programm mit verschiedenen Workshops im Trillke-Gut und dem Erkunden des Hildesheimer Nachtlebens.

Manchen der FSJ-ler_innen war schon vor der Anreise klar, dass sie in Hildesheim studieren und dementsprechend über ganz konkrete Themen wie z.B. die Eignungsprüfungen sprechen wollen. Andere waren einfach interessiert an dem Hildesheimer Konzept. Eine Teilnehmende bemerkte, dass es in Hildesheim ja wie in der Schule sei, womit vor allem die kleinen Seminare und die Nähe zu den Dozierenden gemeint waren. Wenn sie an Universitäten denke, haben sie immer die Bilder von riesigen Vorlesungssälen vor Augen.

Und sogar für die sechs studentischen Mentorinnen und Mentoren gaben die Gespräche mit den FSJ-ler_innen Anlass, ihre letzten Semester zu rekapitulieren: „Ich habe selber nochmal die Qualitäten vom Studium für mich kennengelernt, Inhalte, die für mich selbstverständlich geworden sind und mir erst im Kontrast zu den neugierigen Besucherinnen und Besuchern wieder auffielen.“ Neben der Neugierde und vielleicht auch den Erinnerungen an das eigene freiwillige Jahr erlebe man sich selber plötzlich in einer neuen Position: „Man bekommt ein Gefühl, wie es ist, als Dozierende vor Studierenden zu stehen.“

Nun sind wir gespannt, wie viele der Gesichter dann wirklich zum nächsten Wintersemester auf der Domäne auftauchen, denn manche FSJ-ler_innen ziehen auch ein Pendeln aus anderen Städten in Betracht. Und so gestand eine Teilnehmerin am Ende: „Ich wünschte, so eine Uni wie hier gäbe es auch in Dortmund.“ Also doch ein bisschen verliebt.

Rückblick: Bildungstage in Hildesheim 2016


Einblicke in den Universitätsalltag: Vorlesung auf dem Kulturcampus. Kulturwissenschaftlerin Julia Speckmann. Während der Bildungstage 2017 zeigt Masterstudent Gregor seine Liebe zu Hildesheim, Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen auch die praktische Seite des kulturwissenschaftlichen Studiums kennen. Fotos: Andreas Hartmann/Isa Lange/Bildungstage

Einblicke in den Universitätsalltag: Vorlesung auf dem Kulturcampus. Kulturwissenschaftlerin Julia Speckmann. Während der Bildungstage 2017 zeigt Masterstudent Gregor seine Liebe zu Hildesheim, Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen auch die praktische Seite des kulturwissenschaftlichen Studiums kennen. Fotos: Andreas Hartmann/Isa Lange/Bildungstage

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