Ein Sammelbecken: Uni-Orchester startet

Friday, 10. April 2015 um 18:55 Uhr

An der Universität Hildesheim proben einige Musikensembles und hunderte von Instrumentalisten. Ein Universitätsorchester gibt es nicht – bisher. Denn am Montag starten die Proben. Oboen, Fagotte, Geigen – Volker Mühlberg vom Musikinstitut probt künftig wöchentlich mit Musizierenden aus allen Fachbereichen, ob Studierende oder Lehrende. Isa Lange sprach mit ihm über schlummernde Talente und den Wert des gemeinsamen Spiels.

Es ist Einiges an Aufbauarbeit in den nächsten Semestern nötig, um ein Universitätsorchester am Laufen zu halten. Wo fangen Sie an, gibt es Menschen, die spielen?

Volker Mühlberg: In den vergangenen Jahren gab es ein kleines Kammermusikensemble, mit wenigen Teilnehmern. Dabei arbeiten und studieren an der Universität Hildesheim – nicht nur im Musikinstitut, sondern in allen Fachbereichen – viele Instrumentalisten. Das Universitätsorchester soll ein Sammelbecken sein, für Erstsemestler, für höhere Semester. Ein Aushängeschild der Uni, das wir hier auch in musikalisch großer Besetzung spielen und ein klassisches Symphonieorchester aufbauen können.

Zur Ausgangslage: welche Instrumentalisten aus den Fachbereichen haben sich bereits gemeldet?

Streicher, Flöten und ein Hornist. Die meisten kommen aus dem Musikinstitut. Gerade hat sich ein Musiker gemeldet, der eigentlichen Übungsleiter im Sportbereich ist, aber Bratsche spielt, und nun vorbeikommen möchte. Solche Leute suche ich, alle Fachbereiche können teilnehmen. Sie können einsteigen. Nicht nur Studierende, auch Lehrende, die nebenbei ein Instrument spielen und eigentlich Informatik oder Sprachwissenschaften unterrichten.

Welche Instrumente werden im Uni-Orchester erklingen? Wen suchen Sie?

Eigentlich alle klassischen Instrumente, das sind Holzbläser, Blechbläser – quer durch die Bank, Flöten, Oboen, Klarinette, Fagotte, Trompeten, Posaunen. Schlagzeuger braucht man auch ein bis zwei, auch für die Pauken. Und die Streicher, Geigen, Bratschen, Cello und Kontrabass.

An der Universität proben und spielen einige Musikensembles. Der Trompeter Johannes Rosenberger leitet etwa die Jazz-Big-Band. Ich habe gerade auch das Center for World Music vor Augen, die große Sammlung außereuropäischer Musikinstrumente. Der Sammler sagt immer: „Eine Stradivari finden Sie hier nicht“. Sie suchen aber für das Orchester die klassischen Instrumente? Kann jemand, der Sitar oder Saz spielt, einsteigen?

Das Universitätsorchester wird bestimmt auch Ausflüge machen, unser Thema ist in diesem Sommer „Symphonic Dances“, wir spielen zum Beispiel einen barocken Tanz von Rameau, hier kann man auch Schlaginstrumente einsetzen, die im klassischen Orchester nicht vertreten sind. Ich muss es natürlich schaffen, Werke zu finden, bei denen dann die Instrumente wirklich vertreten sind. Es gibt manchmal auch Konzerte, etwa für die chinesische Kniegeige und Orchester. Aber erst einmal ist es ein klassisches Symphonieorchester, das gibt es hier an der Universität noch nicht. Der Klassik-Bereich zeigt momentan noch nicht, was er eigentlich kann.

Was schlummert da an Talenten, können Sie einmal aus der Lehre am Institut für Musik und Musikwissenschaft berichten?

Ich unterrichte Violine und Viola und mache seit Jahren Streicher- und Kammermusik für Studierende der Kulturwissenschaften und angehende Grund-, Haupt- und Realschullehrer_innen. Da gibt es bunte Besetzungen: nur Geigen, Streichquartett, Streicher mit Flöten. Hier sind begabte Instrumentalisten am Werk. Aber das sich das sammelt zu einer größeren Besetzung hat in der Vergangenheit selten stattgefunden. Es wurden zwar Beethoven- und Grieg-Konzerte ein paar Wochen geprobt und aufgeführt. An vielen Unis, die sogar kleiner sind als wir und kein Musikinstitut haben, findet jede Woche eine Orchesterprobe statt. Die Leute sind in Hildesheim da, aber die Veranstaltung wurde bisher nicht genutzt.

Viele musizieren alleine und erlernen im Studium ein Instrument, aber das Gemeinsame fehlt ihnen. Welcher Mehrwert steckt denn im gemeinsamen Musizieren? 

Das Studienziel aller Studiengänge ist nicht, einen Solisten auszubilden oder ausübender Musikerin zu werden. Sondern eigentlich besteht es ja in der Vermittlung, sowohl in den Hildesheimer Kulturwissenschaften als auch im Lehramt. Sie sollen Menschen – Schülerinnen und Schüler, Erwachsene – packen. Das Miteinander ist wichtig.

Wie gelingt das?

Wenn man in der Schule vor den Kindern ein Instrument vorstellt oder sie dazu bewegen will, in Konzerte zu gehen, zu denen sie sonst noch keinen Zugang haben, dann stellt man erst einmal die Instrumente vor. Man kann die Musik anhand von Konserven, vom Tonband, abspielen. Oder man holt sich Leute in das Klassenzimmer, die Instrumente gut spielen und zusammen musizieren. Und man möchte dazu anregen, dass Musik gemacht wird in verschiedenster Form. Es geht um das Miteinander, weniger um das alleine üben, was natürlich aber die notwendige Grundlage ist, um ein Instrument überhaupt einigermaßen erlernen zu können.

Wie gehen Sie vor? Wann ist die erste Orchesterprobe, arbeiten Sie auf ein Ziel hin?

Die erste Probe findet am 13. April um 18:00 Uhr statt. Streicher, Flöten werden auf jeden Fall dabei sein. Ich habe Tanzstücke im Gepäck und Stücke, bei denen sich die Schwierigkeit für jeden Einzelnen in Grenzen hält aber insgesamt das Ergebnis ganz schön werden kann. Etwa ein Walzer von Sibelius, der eine sehr große Besetzung vorschreibt, wobei es nicht schlimm ist, wenn man einige Instrumente erst einmal nicht besetzt.

Große Besetzung – das sind wie viele?

Das können bis zu 40 Personen werden. Bei den Bläsern sind 12 vorgeschrieben, und Pauken, die Streicher sind unbegrenzt. Da können viele mitspielen. Wenn wir im Laufe des Semesters erleben, dass es gut klappt, möchten wir auch öffentlich spielen, etwa in einer Musizierstunde oder vielleicht zur Mittsommernacht der Universität.

Stichwort gemeinsames Musizieren: Wie weit auseinander dürfen denn die Differenzen sein im musikalischen Können. Jemand, der frisch dabei ist, Geigenanfänger, und jemand, der seit Jahrzehnten spielt – welche Spannbreite können Sie abdecken?

Es muss ein gewisser fortgeschrittener Status da sein. Man muss das Instrument eigentlich schon von Kindesbeinen an spielen. Aber: auch wenn man schon ein bisschen eingerostet ist, kann man dennoch mitmachen, da man in einer größeren Gruppe der Streicher spielt. Es ist dann wichtig, dass Einige das sehr gut können und andere können sich dann „dranhängen“. Bei den Bläsern ist das anders: Jeder ist Solist. Man muss es schaffen, die eigene Stimme zu halten und auch spielen zu können.

Musik begleitet uns durch den Alltag. Im Supermarkt hört man Hintergrundgedudel, man kann Musik sehr bewusst auf der Auto- oder Zugfahrt hören, sieht Menschen mit Stöpseln im Ohr. Warum ist es wichtig, nicht nur zu hören, sondern auch Musik zu machen?

Wenn ich Musik im Hintergrund höre, kann ich sie nutzen, um abzuschalten. Aber wenn man selbst Musik macht, bekommt man einen anderen emotionalen und intellektuellen Zugang zu den Stücken, die man spielt. Dadurch verstehe ich diese Musik besser. Das macht auch deutlich: Musik ist eine der Künste, die sich im zeitlichen Ablauf vollzieht.

Universitätsorchester startet in Hildesheim

Das Universitätsorchester kommt im Sommersemester 2015 immer montags von 18:00 bis 20:00 Uhr zusammen. Proben finden im Musiksaal (Gebäude K) am Hauptcampus der Universität Hildesheim statt. Ob Informatikerin, Sprachwissenschaftler oder Sozialpädagogin: Volker Mühlberg lädt fortgeschrittene Instrumentalisten aus allen Fachbereichen, Studierende und Lehrende ein, mitzuspielen. Im Sommersemester stehen Tanzsätze aus drei Jahrhunderten für Bläser, Streicher und Schlagzeuger und Werke von Rameau, Sibelius, Khatchaturian auf dem Programm. Die Stücke sollen am Ende des Semesters aufgeführt werden. Eine möglichst große, symphonische Besetzung und die Fortsetzung mit weiteren interessanten Programmen in den kommenden Semestern wird angestrebt. Die erste Probe beginnt am Montag, 13. April um 18:15 Uhr. Wer mehr über das Orchester erfahren möchte, erreicht Volker Mühlberg unter E-Mail v.muehlberg[at]gmx.de und telefonisch unter 0461.27861.


Große Besetzung – das können bis zu 40 Personen werden. Bläser, Pauken, die Streicher sind unbegrenzt. Im Universitätsorchester können viele mitspielen. Volker Mühlberg mit einer Violoncello Picollo, die man wie auf dem Bild spielt, eine Spezialität von Bach. Musikstudierende in den „Übezellen" im ehemaligen Pferdestall auf dem Kulturcampus Domäne Marienburg der Universität Hildesheim. Fotos: privat, Andreas Hartmann

Große Besetzung – das können bis zu 40 Personen werden. Bläser, Pauken, die Streicher sind unbegrenzt. Im Universitätsorchester können viele mitspielen. Volker Mühlberg mit einer Violoncello Picollo, die man wie auf dem Bild spielt, eine Spezialität von Bach. Musikstudierende in den „Übezellen" im ehemaligen Pferdestall auf dem Kulturcampus Domäne Marienburg der Universität Hildesheim. Fotos: privat, Andreas Hartmann

Große Besetzung – das können bis zu 40 Personen werden. Bläser, Pauken, die Streicher sind unbegrenzt. Im Universitätsorchester können viele mitspielen. Volker Mühlberg mit einer Violoncello Picollo, die man wie auf dem Bild spielt, eine Spezialität von Bach. Musikstudierende in den „Übezellen" im ehemaligen Pferdestall auf dem Kulturcampus Domäne Marienburg der Universität Hildesheim. Fotos: privat, Andreas Hartmann

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