Tagungsbericht: Science4All Summit – Wissenschaft für alle

Friday, 22. July 2022 um 09:53 Uhr

In Vorbereitung auf die Internationalen Special Olympics fanden im Juni 2022 die nationalen Special Olympics in Berlin statt. Als eine der Auftaktveranstaltungen vor den Spielen richtete das Komitee am 19. Juni 2022 eine wissenschaftliche Konferenz aus, die sich schwerpunktmäßig an Nachwuchsforschende mit partizipativen Forschungsprojekten richtete.

Die erste Keynote hielt Prof. Dr. Saskia Schuppener von der Universität Leipzig, die unter anderem am LeiSA-Projekt beteiligt war und an LeiSA-parti beteiligt ist. Prof. Schuppener sprach u. a. über die theoretischen Grundlagen partizipativer Forschung. Die partizipative Forschung umfasst verschiedene Forschungsansätze, unter anderem die inklusive Forschung. In der inklusiven Forschung sollen die untersuchten Gruppen auch selbst forschend tätig werden. Sie hob mit Bezug auf die Literatur hervor, dass Behinderung nicht zum Expertentum erklärt werden soll, sondern dass die Teilnehmenden an Forschungsprojekten anhand ihres einschlägigen Wissens und ihrer Kompetenzen einbezogen werden sollten.

Die zweite Keynote hielten Prof. Dr. Siegfried Nagel (Universität Bern), Alexander Steiger (Universität Bern), Thierry Schluchter (Pädagogische Hochschule Bern). Sie berichteten aus dem Projekt SoPariS (Soziale Partizipation von Kindern mit einer kognitiven Beeinträchtigung im integrativen Schul- und Vereinssport), an dem insgesamt vier Professoren und vier Doktoranden arbeiten. Sie erhoben unter ca. 2.000 Schüler(inne)n mit und ohne geistiger Behinderung deren soziale Netze und Selbstkonzepte in Abhängigkeit von ihrer Teilnahme an Schul- und Vereinssport. Es zeigte sich, dass die sozialen Netze der Schüler(innen) mit einer geistigen Behinderung im Vereinssport denen der Schüler(innen) ohne Behinderung entsprechen. In der Schule sind ihre sozialen Netze hingegen kleiner.

Fünf Nachwuchswissenschaftler(innen) stellten in je acht Minuten ihre (meist Master-)Projekte vor. Thematisch stach das Masterarbeitsprojekt von Anna Schmidt (Technische Universität München) heraus. Sie untersuchte die Praxis der sexuellen Bildung für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Die sog. bedarfsgerechte sexuelle Bildung beschränkt sich derzeit auf solche Themen, die von den Menschen gewünscht werden (von denen sie also bereits wissen) oder die die Lehrkräfte als relevant erachten. Es fehlt ein gemeinsamer Standard.

Für vier Arbeitsgruppen teilte sich das Plenum auf. Eine der Arbeitsgruppen hatte den Titel: „Was behindert? Barrierefreiheit – Sichtbarkeit – Be- und Enthinderung von Menschen“. Hier war die Forschungsstelle Leichte Sprache vertreten. Die Arbeitsgruppe reflektierte fünf Forschungsvorhaben und Projekte. Die Projekte zeigten konkrete Möglichkeiten der Verbesserung kultureller und sportlicher Teilhabe, z. B. durch die Implementierung sog. Bewegungsinseln im Hamburger Stadtgebiet (ähnlich einem Trimm-dich-Pfad) (Thomas Jenckel), durch den Einsatz von Musik beim Sport (Tobias Strank), durch den Bau einer Wohneinrichtung für Menschen mit komplexen Behinderungen (Nicolas Zimber) oder den situationsadäquaten Einsatz Leichter Sprache auf den Webseiten großer Sportvereine (Sarah Ahrens, Forschungsstelle Leichte Sprache). Franziska Robi stellte ihr Forschungsvorhaben zur Selbstvertretung von Sinti*zze und Rom*nja zur Diskussion. Für die Hildesheimer Treppe, die am Beispiel des Leichte-Sprache-Angebots des HSV vorgestellt wurde, gab es zwei Take-Aways: Erstens muss Leichte Sprache in größerem Umfang eingesetzt werden, und zweitens brauchen die Leichte-Sprache-Angebote einen größeren Umfang als bisher.

Zum Abschluss fand im Plenum eine Panel-Diskussion aus vier Mitgliedern und einem Moderator statt. Viel Raum bekam Sina Eghbalpours (Deutsche Sporthochschule Köln), die partizipativ zum Thema „Verbesserung der Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Beeinträchtigungen im Sport“ promoviert. Außerdem sprachen Prof. Dr. Wolfgang Ruf (Deutsche Hochschule für Gesundheit und Sport) und Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper (Freie Universität Berlin) sowie Werner Wiedemann als Vertreter der Athlet(inn)en bei Special Olympics. Die Panel-Diskussion wiederholte Learnings aus den vier verschiedenen Arbeitsgruppen und betonte die Relevanz der partizipativen Forschung.

Special Olympics unterstützt gerne die Durchführung von Abschlussarbeiten, u. a. durch den Kontakt zu forschungsinteressierten Athlet(inn)en.