Was macht eine gute Rechtssetzung aus? Auf der Legistik-Tagung in Berlin waren sich die Experten_innen einig: Neben einer präzisen Kostenplanung gehören vor allem auch eine verständliche Sprache und eine klare, sparsame Gestaltung von Normtexten zu den Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Denn die Tagung zeigte einmal mehr, wie weit die Sprache des Rechts von der Alltagskommunikation entfernt ist. In den Fachvorträgen wurden zwei Wege aus dem Dilemma skizziert: Einerseits können Rechtstexte schon von vornherein verständlicher werden, wenn beim Verfassen das Wissen über Verständlichkeit angewendet, die Bürger_innen angemessen angesprochen und Formulare bürgernäher gestaltet würden. Dieser Weg könnte von den Juristen_innen selbst beschritten werden, indem diese beispielsweise durch Schulungen unterstützt und sensibilisiert würden. Ein vielversprechender Ansatz wäre auch die Integration von Inhalten der Verständlichkeitsforschung in die Jura-Studiengänge, wie es in der Schweiz beispielsweise bereits der Fall ist. Gleichzeitig könnten juristische Fachtexte aber auch durch Übersetzungen in Leichte Sprache ergänzt werden. Diese Übersetzungen sind zwar aufgrund der extremen Eingriffe in die Textbeschaffenheit nicht rechtsgültig, würden jedoch Leser_innen mit Defiziten in der Lesekompetenz immerhin über den Inhalt der komplexen Rechtstexte informieren und somit eine eigenständige Orientierung ermöglichen, die bislang undenkbar ist. Das Übersetzen in Leichte Sprache erfordert allerdings ein hohes Maß an Fachwissen und Übersetzerpraxis, um eine durchgängige und gleichbleibende Qualität der Texte zu gewährleisten. Diese Aufgabe passt deshalb nicht mehr in den Kompetenzbereich der Juristen_innen, sondern eröffnet ein neues Aufgabenfeld für Sprachexperten_innen und Übersetzer_innen.
Einen Bericht über die Tagung finden Sie auf der Homepage des Nordrheinwestfälischen Justizministeriums.