Kurzbeschreibung: Adeline, Histoire mondiale de la philosophie

Yves-Marie Adeline, Autor verschiedener geistesgeschichtlicher Bücher, hat im Jahr 2015 einen globalgeschichtlichen Entwurf in französischer Sprache vorgelegt: Histoire mondiale de la philosophie. Die Darstellung teilt sich in drei große Bereiche: 1. La Pensée antique, 2. La Pensée médiévale, 3. La Pensée moderne. Im ersten Teil werden das „mythische Denken“, die „orientalische Weisheit“ (Indien, China, Mesopotamien) und die Philosophie der Griechen bis zur frühen christlichen Philosophie thematisiert. Der zweite Teil liefert eine weitgehend konventionelle Darstellung europäisch-mittelalterlicher Philosophie unter Einbezug islamischer und jüdischer Traditionen. Der dritte Teil bezieht in zwei kurzen Abschnitten Entwicklungen chinesischer und japanischer Philosophie vom 15.-18. Jahrhundert mit ein. Insgesamt fällt die Darstellung weit hinter die bisher besprochenen Entwürfe zurück.

Wie die hier vorgelegte Übersicht zeigt, ist seit der Mitte des 20. Jahrhunderts eine global orientierte Philosophiegeschichtsschreibung in europäischen Sprachen entstanden, die bereits jetzt ein beachtliches Ausmaß erreicht hat. Nicht berücksichtigt wurden in der Übersicht Darstellungen in außereuropäischen Sprachen, was in zukünftigen Forschungen notwendig geschehen muss. Da aber bisher noch keine das gesamte Feld einbeziehenden Forschungen vorliegen, zeigt sich in diesem Bereich verschiedene Forschungsdesiderate. Auch wenn in den letzten Jahren zunehmend auch über Möglichkeiten einer global orientierten Philosophiegeschichtsschreibung nachgedacht wurde, so ist das Thema insgesamt noch weit davon entfernt, ausreichend erforscht zu sein. (Es ist vor allem Franz Martin Wimmer, der schon früh über diese Zusammenhänge geforscht hat: Wimmer, Franz Martin: Interkulturelle Philosophie. Wien 1990; Wimmer, Franz Martin: Philosophiehistorie in interkultureller Orientierung. In: Polylog. Zeitschrift für interkulturelles Philosophieren 3 (1999), S. 8-20. In neuer Zeit sind weitere Arbeiten entstanden, die das Forschungsfeld weiter geöffnet haben: Schneewind, J. B.: Globalization and the History of Philosophy. In: Journal of the History of Ideas 66:2 (2005), S. 169-178. Philosophie und Philosophiegeschichtsschreibung in einer veränderten Welt: Theorien - Probleme – Perspektiven. Hg. v. Heinz Kimmerle u. Hamid Reza Yousefi. Nordhausen 2012). Vor allem die neueren Entwicklungen auch im englischsprachigen Bereich wurden bisher noch nicht zusammengeführt und eingehender reflektiert. Die besonderen Schwierigkeiten in diesem Forschungsfeld bestehen darin, dass vielfältige Sprachen einbezogen werden müssen, so dass diese Forschungen nicht von einzelnen Personen durchgeführt werden können. Um in diesem Feld neue Impulse setzen zu können, müsste eine Gruppe von Menschen, ausgestattet mit verschiedenen philologischen Kompetenzen, zunächst die Situation in verschiedenen sprachlichen Kontexten (Chinesisch, Japanisch, Arabisch, Hebräisch, Tibetisch, Spanisch, Italienisch, Russisch, Koreanisch usw.) ausgehend von den Ergebnissen und Darstellungen im vorliegenden Buch sondieren. Anhand dieser Erkenntnisse könnten dann neue Überlegungen und Entwürfe für eine Philosophiegeschichtsschreibung in globaler Perspektive erarbeitet werden, die nicht nur die vielfältige postkoloniale Kritik einbezieht – was bisher nur im Ansatz geschehen ist –, sondern auch die teilweise langen Traditionen der Philosophiegeschichtsschreibung beispielsweise in Japan und China berücksichtigen. Ein solches breit angelegtes Forschungsprojekt hätte die Chance, auf der Grundlage der bisherigen Entwürfe und Vorarbeiten, ein neues Bild von einer global orientierten Philosophiegeschichte zu entwerfen. 

(Auszug aus: Elberfeld, Rolf: Philosophiegeschichtsschreibung in globaler Perspektive. Felix Meiner Verlag: Hamburg 2017, S. 322–23)