Diogenes Laertius (um 220 n. u. Z.)  war im 17. und 18. Jahrhundert als Philosophiehistoriker überaus wirksam. Seine Festlegung, dass Philosophie nur bei den Griechen entstanden sei, wurde damals für viele Philosophiehistoriker zum Leitfaden ihrer Darstellung. Gleich zu Anfang seines Buches Leben und Meinungen berühmter Philosophien stellt er fest:

„Die Entwicklung der Philosophie hat, wie manche behaupten, ihren Anfang bei den Barbaren genommen. So hatten die Perser ihre Magier, die Babylonier und Assyrer ihre Chaldäer, die Inder ihre Gymnosophisten, die Kelten und Gallier ihre sogenannten Druiden und Semnotheen, wie Aristoteles in seinem Buche Magikos und Sotion in dem dreiundzwanzigsten Buch seiner Sukzession der Philosophen (Daidoche) berichtet. […] Indes man täuscht sich und legt fälschlich den Barbaren die Leistungen der Griechen bei; denn die Griechen waren es, die nicht nur mit der Philosophie, sondern mit der Bildung des Menschengeschlechts überhaupt den Anfang gemacht haben. […] So hat denn die Philosophie ihren Ursprung bei den Griechen, und auch ihr Name schon weist jede Gemeinschaft mit den Barbaren entschieden von sich ab." (Diogenes Laertius, Leben und Meinungen berühmter Philosophen, übers. v. O. Apelt, Hamburg, S. 3.)

Diogenes Laertius legt in autoritärer Weise fest, dass nicht nur die Philosophie, sondern sogar die „Bildung des Menschengeschlechts“ bei den Griechen begonnen habe. Obwohl seine Zeitgenossen, wie er selber zugesteht, diese Zusammenhänge ganz anders sahen, wie beispielsweise Clemens von Alexandrien oder Numenios, (Vgl. hierzu vor allem das Kapitel „Verflechtungsgeschichten des Denkens in Afroeurasien“ in: Elberfeld, Rolf: Philosophieren in einer globalisierten Welt. Wege zu einer transformativen Phänomenologie. Freiburg im Breisgau 2017.)wurde im 17. und 18. Jahrhundert seine Meinung weitgehend zum Maßstab für die Festlegung des „eigentlichen“ und „wahren“ Anfangs der Philosophiegeschichte.

(Auszug aus: Elberfeld, Rolf: Philosophiegeschichtsschreibung in globaler Perspektive. Felix Meiner Verlag: Hamburg 2017. S. 281–82.) 

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