„Mit dem Preisgeld möchte ich Obstbäume pflanzen!"

Wednesday, 01. September 2021 um 13:27 Uhr

Kulturvermittlungs-Absolventin Leonie Bathow hat mit ihrer Masterarbeit den Nachhaltigkeitspreis für Abschlussarbeiten des Green Office 2020 gewonnen. Im Interview mit Marie Minkov sprechen Julia Witter, Koordinatorin des Green Office, und Leonie Bathow über interdisziplinäre Nachhaltigkeit, die prämierte Masterarbeit und den Nachhaltigkeitspreis des Green Office.

Den Nachhaltigkeitspreis für Abschlussarbeiten des Green Office gibt es seit 2017. Wie ist er entstanden?

Julia Witter: Die Idee von Seiten des Green Office war, dass wir studentische Forschung mit Nachhaltigkeitsbezug sichtbar machen und honorieren. Denn wenn sich Studierende in ihren Abschlussarbeiten intensiv mit dem Thema beschäftigen, können sie durch ihre Forschung einen eigenen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung leisten und das möchten wir fördern. Bewerben können sich Studierende aus allen Fachbereichen, die ihre Abschlussarbeiten in dem jeweiligen Jahr eingereicht haben. Wir freuen uns jedes Jahr über die Vielzahl der Einsendungen und vor allem auch über die fachliche Bandbreite.

Es wird also auch interdisziplinäre Arbeit gefördert.

Julia Witter: Genau. Wenn wir mehr Nachhaltigkeit erreichen wollen und die UN-Nachhaltigkeitsziele im Blick haben, reicht es nicht, wenn sich nur die Umweltwissenschaftler*innen damit beschäftigen. Nachhaltigkeit ist ein Querschnittsthema, das in allen Fachrichtungen relevant ist. Die bisherigen Gewinnerinnen und Gewinnern dieses Preises sind Absolvent*innen der unterschiedlichsten Studiengänge: von Informationsmanagement, Kulturvermittlung, Lehramt und Philosophie über Umweltsicherung und Wirtschaftsinformatik war schon eine große Bandbreite von Fachrichtungen vertreten. Diese Vielfalt wird übrigens auch in unserem studentischen Forschungsjournal Nachhaltigkeit abgebildet, das wir in diesem Jahr zum dritten Mal herausgeben. Studierende stellen hier ihre Abschlussarbeiten mit Nachhaltigkeitsbezug vor.

Leonie Bathow: Dass Nachhaltigkeit überall hingehört und überall reinpasst, habe ich auch im Rahmen meiner Masterarbeit gemerkt. Das Interesse ist bei den Leuten da, die Themen auch total präsent. Bloß in der Lehre werden sie meinem Eindruck nach nicht so abgebildet und das ist eigentlich schade. Der Preis zeichnet ab, wie viele Studierende sich mit dem Thema auseinandersetzen.

Wie wird die Gewinnerin oder der Gewinner ausgewählt?

Julia Witter: Die Jury besteht aus Mitgliedern des Beirats für nachhaltige Entwicklung. Wir achten darauf, dass in der Jury immer Wissenschaftler*innen aus unterschiedlichen Fachbereichen vertreten sind. Die Auswahlkriterien sind das Nachhaltigkeitsverständnis der Arbeit, die Einbindung des Forschungsgegenstandes in den Kontext der Nachhaltigkeit und der Forschungsbeitrag im Sinne einer Nachhaltigen Entwicklung.  Finanziert wird der Preis in Höhe von 500 Euro von der Klimaschutzagentur Landkreis Hildesheim.

Leonie Bathow, Sie haben mit Ihrer Masterarbeit den Nachhaltigkeitspreis 2020 gewonnen. Ihr Masterstudiengang Kulturvermittlung mit dem Hauptfach Bildende Kunst hat an sich erstmal nichts mit Nachhaltigkeit zu tun.

Leonie Bathow: Nein, leider war Nachhaltigkeit nicht Teil meines Studiums. Aber schön und auch spannend an meinem Studiengang, oder generell an dem Klima auf der Domäne ist, dass es sehr interdisziplinär gestaltet wird. Ich glaube, dass mittlerweile die Bereiche Kultur und Nachhaltigkeit etwas stärker eingebracht werden. Diesen Link zwischen Kunst, Ökologie, Nachhaltigkeit – im weitesten Sinne – finde ich sehr spannend.

Wie kamen Sie darauf, eine Arbeit über Nachhaltigkeit zu schreiben?

Leonie Bathow: Das Interesse für das Thema war immer da. Ich habe eine Zeit lang im Green Office gearbeitet und mich privat sehr intensiv mit nachhaltiger Entwicklung beschäftigt. Ich habe zum Beispiel das Zertifikatsstudium „Nachhaltigkeit und Bildung“ abgeschlossen. Das ist ein Angebot der Uni, eine Zusatzqualifikation für den Bereich Nachhaltigkeit und Bildung, dessen Schwerpunkt man selbst aussuchen kann. Als es dann darum ging, ein Thema für meine Masterarbeit zu finden, wollte ich die beiden Forschungsbereiche – Kultur und Nachhaltigkeit – zusammenbringen. Das war ein längerer Prozess aber auch ein sehr spannender. Im Nachhinein bin ich superzufrieden damit, wie alles zusammengefunden hat.

Worum geht es in Ihrer Masterarbeit?

Leonie Bathow: Museen, egal welche Sparte, sind wichtige Bildungseinrichtung, die prinzipiell – auch wenn das in der Praxis oft nochmal anders aussieht – allen Menschen offenstehen und politisch sehr gefördert werden. In meiner Masterarbeit wollte ich untersuchen, inwiefern Museen besondere Potentiale haben, um Themen nachhaltiger Entwicklung zu vermitteln. Für die Untersuchung habe ich mir eine interdisziplinäre Ausstellung der Bundeskunsthalle in Bonn als Beispiel herausgesucht. Ich habe Kuratorinnen und Vermittlerinnen gefragt, inwiefern verschiedenen Themenfelder von der BNE – also Bildung für nachhaltige Entwicklung – bei den Ausstellungskonzeptionen und den Bildungs- und Vermittlungsangeboten eine Rolle gespielt haben.

Und was kam dabei heraus?

Leonie Bathow: Indirekt war Nachhaltigkeit bei der Ausstellung durchaus ein Thema, aber zum Beispiel Bildung für nachhaltige Entwicklung war in der Vermittlungsarbeit gar nicht bekannt. Im Jahr 2016 gab es einen Kongress zu Bildung für nachhaltige Entwicklung des International Council of Museums (ICOM), eine weltweit aktive nichtstaatliche Organisation von Museumsexpert*innen, die unter anderem Richtlinien für qualitätvolle Museumsarbeit festlegt. Schon damals wurde bestimmt, dass das Thema in den Museen mehr verankert werden sollte, trotzdem spielte es bei der besagten Ausstellung keine Rolle. Ich kann daraus nicht ableiten, wie es bei anderen Museen ist, aber ich habe die Vermutung – besonders weil ich kaum Ausstellungsbeispiele gefunden habe – dass es generell noch nicht sehr verankert ist.

Mit dem Preisgeld von 500 Euro möchten Sie …

Leonie Bathow: Obstbäume pflanzen! Ich habe mit Freunden einen kleinen Garten in Hildesheim und wir wünschen uns schon lange, ein paar Bäume zu pflanzen.

Werden Sie weiterhin in diesem Bereich forschen?

Leonie Bathow: Gerade ist das nicht der Plan, obwohl ich das Thema immer noch sehr spannend finde. Es haben sich über die Masterarbeit Kontakte in dem Bereich ergeben und bei den Personen, die ich für die qualitative Untersuchung gefragt habe, bestand ein großes Interesse. Ich glaube, wenn ich eine Folgeuntersuchung machen würde, wären sie alle sehr offen und auch interessiert.

Julia Witter: Und Ihre Ergebnisse wurden auch veröffentlicht. 

Leonie Bathow: Genau, über meinen Betreuer Dr. Daniel Gad vom Fachbereich 2 bin ich auf das Forschungsprojekt „Nachhaltigkeitskultur entwickeln“ aufmerksam geworden. Prof. Dr. Wolfgang Schneider hat ein Buchprojekt initiiert zum Thema Nachhaltigkeitskultur im weitesten Sinne mit den Beiträgen verschiedener Autorinnen und Autoren aus ganz unterschiedlichen Feldern. Ich wurde gefragt, ob ich einen Artikel beisteuern kann zu den Ergebnissen der Masterarbeit, und das habe ich sehr gerne gemacht. Das Buch ist inzwischen unter dem Titel „Jetzt in Zukunft. Zur Nachhaltigkeit in der Soziokultur“ im Oekom Verlag erschienen.

 

Interview: Marie Minkov

 

Jetzt bewerben für den Nachhaltigkeitspreis 2021

Bis zum 1. November 2021 läuft die Bewerbungsfrist für den Nachhaltigkeitspreis für Abschlussarbeiten 2021. Alle weiteren Informationen zum Bewerbungsverfahren finden Sie hier.


Screenshot der Gesprächspartnerinnen beim Interview: Julia Witter, Marie Minkov und Leonie Bathow.