Mit Informationskompetenz zum mündigen Menschen: Studie der Universität Hildesheim

Friday, 30. July 2021 um 08:51 Uhr

Die Bedeutung von Informationskompetenz ist in Zeiten von Fake News und Desinformation aktueller denn je. Welche Berührungspunkte haben Menschen mit Informationskompetenz und welche Probleme sehen sie? In einer Studie befasst sich ein Forschungsteam der Universität Hildesheim mit der Frage, wie Informationskompetenz gefördert werden kann.

Die Teilnahme an der Studie ist online möglich.
Hier geht's zur Teilnahme an der Studie.

In einer Online-Befragung im Rahmen des Projekts „Informationskompetenz und Demokratie“ erhebt ein Forschungsteam der Universität Hildesheim, welche Probleme und Bedarfe Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf Informationskompetenz sehen und wie Informationskompetenz gefördert werden kann. Untersucht wird zum Beispiel, wie Bürgerinnen und Bürger die Fähigkeit zum kritischen Denken einschätzen, wie sie sich Zugang zu Informationen beschaffen, wie sie Informationen suchen und welche Ressourcen sie zum Beispiel bei der Suche nach Informationen nutzen (etwa Bibliothek, Blogs, Internetforen, Experten, Verwandte und Bekannte, soziale Medien).

Auftreten von Fake News, Desinformation und Manipulationen

Das Thema der Informationskompetenz ist vor allem im Hinblick auf das Auftreten von Fake News, Desinformation und Manipulationen sowie der Verschiebung gesellschaftlicher Diskussionen in den digitalen Raum von großer Bedeutung.

„In der Studie möchten wir erfahren, welche Berührungspunkte Menschen unterschiedlicher Zielgruppen mit dem Thema Informationskompetenz haben, welche Probleme sie wahrnehmen und welche Bedarfe sich daraus für die zukünftige Förderung ergeben“, so Daphné Çetta, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Informationswissenschaft und Sprachtechnologie.

Das Forschungsteam um Prof. Dr. Joachim Griesbaum, Prof. Dr. Thomas Mandl, Prof. Dr. Elke Montanari und Daphné Çetta aus dem Institut Informationswissenschaft und Sprachtechnologie und dem Institut für deutsche Sprache und Literatur der Universität Hildesheim erhebt im Zuge der Studie die Wahrnehmung, Probleme und Bedarfe der Zivilgesellschaft in Bezug auf Informationskompetenz und ihre Förderung.

Bislang ist Informationskompetenz gerade in Deutschland eher als Nischenthema zu betrachten und auf der Ebene von (wissenschaftlichen) Bibliotheken verortet. Inhaltlich fokussiert sich das Thema meist auf die Schulung von Kenntnissen zur kompetenten Durchführung von fachlichen Recherchen. In Anbetracht dessen und vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Relevanz von Informationskompetenz in einer durch neue Technologien geprägten Umwelt möchte das Forschungsteam das Thema stärker in der Öffentlichkeit positionieren und von verschieden Standpunkten aus betrachten.

Insbesondere in Zeiten von Fake News und Desinformation ist das Thema Informationskompetenz aktueller denn je.

Kontakt zum Forschungsteam

Wer mehr Interesse an der Forschung hat, erreicht das Forschungsteam per E-Mail unter infodem[at]uni-hildesheim.de.

Was genau ist Informationskompetenz?

Die Informationskompetenz befasst sich mit dem Erkennen, Suchen, Finden und Bewerten von Informationen sowie dem Umgang mit ihnen. Informationskompetenz wird als eine Schüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts beschrieben und ist aus Expert*innensicht zu einer wichtigen Kulturtechnik, wie dem Lesen, Schreiben und Rechnen geworden.  

Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) begreift die Informationskompetenz als eine notwendige Grundlage für das Verständnis von unter anderem Meinungsbildung, Entscheidungsfindung und informiertes sowie verantwortungsbewusstes Handeln. Es sei unter anderem erforderlich, so das Forschungsteam, Wissens- und Informationslücken zu erkennen, geeignete Informationsressourcen zu identifizieren, geeignete Informationen zur Schließung der Wissenslücke zu beschaffen sowie die gefundene Information und Informationsquellen in ihrer Qualität zu bewerten.

Herausforderungen im Zusammenhang mit Informationskompetenz

Erste Ergebnisse aus einer Befragung mit Expert*innen ergeben, dass Nutzer*innen die Informationssuche oftmals mit Google gleichsetzten. Da eine Informationssuche mit Google immer Ergebnisse liefert, besteht auch kein Bedarf an anderer Stelle weitere Informationsangebote einzuholen. Des Weiteren bestehen oftmals Wissensdefizite in Bezug auf den Informationsraum Internet (beispielsweise hinsichtlich der Funktionsweise von Suchmaschinen und des Zustandekommens der Suchergebnislisten), so das Forschungsteam. Auch hinsichtlich der Möglichkeiten der Informationssuche bestehen Wissensdefizite (beispielsweise in Bezug auf die Nutzung der erweiterten Sucheinstellungen, Phrasensuche und Verwendung von Operatoren).

Fake News, Desinformation, Verschwörungstheorien und Manipulationen erschweren es, ein verlässliches Bild auf die Welt zu gewinnen, so das Forschungsteam. Nutzer*innen selbst kommt eine doppelte Rolle zu: Sie agieren sowohl als Konsument*innen als auch als Produzent*innen von Informationen.   

Das Projekt „Informationskompetenz und Demokratie: Bürger, Suchverfahren und Analyse-Algorithmen in der politischen Meinungsbildung“

Informationen zu suchen und zu finden fällt heute sehr leicht, aber ein müheloser Informationszugriff ist nicht gleichzusetzen mit einem selbstbestimmten und fundierten Umgang mit Wissen. Algorithmengesteuerte Informationsbeschaffung und -bereitstellung ist für Nutzerinnen und Nutzer heute schwer zu durchschauen, weder auf Akteursebene, noch hinsichtlich technischer Wirkungsmechanismen. Untersuchungen zur Informationskompetenz weisen auf erhebliche Defizite hin.

Das Projekt „Informationskompetenz und Demokratie“ macht das Problem für Niedersachsen stärker bewusst. Das Projekt wurde vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur im Rahmen der Ausschreibung „Zukunftsdiskurse“ aus Mitteln des Niedersächsischen Vorab gefördert.

Die Projektwebseite bietet unter anderem  viele Materialen und Artikel rund um das Thema Informationskompetenz:

Informationskompetenz und Demokratie


Elke Montanari, Joachim Griesbaum, Daphné Çetta und Thomas Mandl befassen sich in der Forschung mit der Wahrnehmung, Problemnen und Bedarfe der Zivilgesellschaft in Bezug auf Informationskompetenz. Fotos: Martina Henschke (li), Daniel Kunzfeld, Isa Lange