Im interdisziplinären Graduiertenkolleg „Ästhetische Praxis“ werden insgesamt zehn Promovierende und ein*e Postdoktorand*in gefördert, die DFG-finanzierte Stellen als wissenschaftliche Mitarbeiter*innen an der Universität Hildesheim innehaben. Weitere Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen sind mit dem Kolleg über eine Assoziierung verbunden.Die Forschung des Graduiertenkollegs basiert auf einem weiten Ästhetik-Begriff, der über die europäisch geprägten Künste hinausgeht. Er soll auch alltägliche und ‚außereuropäische‘ Praktiken erfassen, die als ästhetisch begreif- und analysierbar sind. Durch einen praxeologisch ausgerichteten Ansatz verbindet das Kolleg ästhetische Theorie mit einem spezifischen Interesse an der ästhetischen Praxis als solcher. Untersucht werden beispielsweise Praktiken des Übens, Probens, Improvisierens, Performens, Gestaltens, Schreibens, Skizzierens, Experimentierens und Entwerfens, die (nicht nur) in der Kunst eine Rolle spielen. Besondere Aufmerksamkeit liegt auf den vollzugsorientierten, leiblichen, materiellen und zeitlichen Dimensionen sowie auf der Offenheit, Kontingenz und dem Eigensinn ästhetischer Praxis. Einen Zugang zu diesen Dimensionen bildet die theoretisch und methodisch reflektierte Ausübung ästhetischer Praktiken, die auch die Innenperspektive des Vollzugs für die Forschung fruchtbar machen kann.
„Die Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft ermöglicht es einem Team aus erfahrenen Forschenden und Nachwuchswissenschaftler*innen auf dem Kulturcampus Universität Hildesheim die Künste und Kulturen der Gegenwart transdisziplinär zu erforschen. Wir freuen uns sehr, die gemeinsame Arbeit fortsetzen zu können“, sagt der neue Sprecher des Graduiertenkollegs, Prof. Dr. Jens Roselt. Der Theaterwissenschaftler hat die Rolle des Sprechers von dem Philosophen Prof. Dr. Andreas Hetzel übernommen, der das Graduiertenkolleg für vier Jahre von 2019 bis 2023 erfolgreich geleitet hat.
Videostatements von Promovend*innen und dem Sprecher des Graduiertenkollegs folgen im Lauf der kommenden Tage auf https://www.instagram.com/unihildesheim/
In der nun beginnenden zweiten Förderperiode rückt das Potenzial der Kritik etwa an verdinglichten Praxis- und Lebensformen in den Fokus der Forschung. Ein zweiter neuer Schwerpunkt ist die Erkundung von Möglichkeiten einer Dekolonisierung der Ästhetik. Die dritte Akzentsetzung erfolgt zugunsten einer methodologischen Vertiefung der Frage, wie sich Praxis als Praxis adäquat beobachten und vor allem beschreiben lässt. Entscheidende Anregungen für die neuen, untereinander verbundenen Schwerpunkte sind aus den bisherigen Forschungen der Kollegiat*innen hervorgegangen.
Neben dem gemeinsamen Forschungsrahmen bietet das Graduiertenkolleg „Ästhetische Praxis“ den Kollegiat*innen ein strukturiertes akademisches Ausbildungsprogramm. Es umfasst wissenschaftliche Veranstaltungen wie Tagungen und Vortragsreihen mit internationalen Gästen, aber auch Workshops zu theoretischen und methodischen Ansätzen sowie zur Förderung von überfachlichen Schlüsselkompetenzen, die für akademische Karrierewege besonders wichtig sind. Die Promovierenden und Postdocs werden außerdem mit Sachmitteln unterstützt, die ihnen u.a. Konferenzreisen und Forschungsaufenthalte im In- und Ausland ermöglichen. Studierende, die im Graduiertenkolleg mitarbeiten, profitieren ebenfalls von der Förderung. Die spezifische Verknüpung von Theorie und Praxis spiegelt sich auch in der Umsetzung des Forschungs- und Veranstaltungsprogramms wider.
Beteiligte Professuren/Disziplinen:
- Prof. Dr. Michael Corsten (Soziologie)
- Prof. Dr. Rolf Elberfeld (Philosophie)
- Prof. Dr. Maike Gunsilius (Theaterwissenschaft)
- Prof. Dr. Andreas Hetzel (Philosophie)
- Prof. Dr. Stefan Krankenhagen (Kulturwissenschaft)
- JProf. Dr. Dagmara Kraus (Literaturwissenschaft)
- Prof. Dr. Thomas Lange (Kunstwissenschaft)
- Prof. Dr. Annemarie Matzke (Theaterwissenschaft)
- Prof. Dr. Matthias Rebstock (Musikwissenschaft)
- Prof. Dr. Jens Roselt (Theaterwissenschaft)
DFG-Graduiertenkollegs
Graduiertenkollegs sind Einrichtungen der Hochschulen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die von der DFG für maximal neun Jahre gefördert werden. Im Mittelpunkt steht die Qualifizierung von Doktorandinnen und Doktoranden im Rahmen eines thematisch fokussierten Forschungsprogramms sowie eines strukturierten Qualifizierungskonzepts Eine interdisziplinäre Ausrichtung ist erwünscht. Ziel ist es, die Promovierenden auf den komplexen Arbeitsmarkt „Wissenschaft“ intensiv vorzubereiten und gleichzeitig ihre frühe wissenschaftliche Selbstständigkeit zu unterstützen. Internationalität und Chancengleichheit in der Wissenschaft werden besonders gefördert.