Galgenberg
Der Galgenberg im historischen Kontext
Der Galgenberg liegt im Südosten der Stadt Hildesheim. Er ist die letzte Erhebung einer Hügelkette auf der rechten Inerstetalseite. Auf seinem Westabhang, der bis an die Grenzen der ehemaligen Neustadt reicht, dehnt sich ein Wohngebiet aus, dass im Volksmund „Galgenbergviertel“ genannt wird.
Dieses Gebiet ist in der Jurazeit vor etwa 195 bis 135 Millionen Jahren geprägt worden. Das Land war damals mit Wasser bedeckt. Auf dem Boden lagerten sich durch immer neue Meereseinbrüche schichtweise Ton, Sand und Kalk ab. Fossilien, die zum Beispiel beim Tonabbau am Galgenberg gefunden wurden, künden noch von dieser Zeit und ruhen heute im Magazin des Roemer-Museums. Der Galgenberg, überwiegend aus Kalkschichtungen entstanden, lieferte bis in unsere Zeit hinein wichtige Rohstoffe für die Bauwirtschaft. Seine stellenweise recht tiefen Kuhlen zeugen noch heute von dieser Nutzung.[1]
Der Name „Galgenberg“ leitet sich von dem Galgen ab, der viele Jahrhunderte auf der Höhe des Berges stand. Ältere Bezeichnungen, wie zum Beispiel Gallberg oder Galchberg sind bekannt aber nicht eindeutig erklärbar. Noch gegen Ende des letzten Jahrhunderts tauchte in den städtischen Akten und Karren bisweilen der Name „Gallberg“ auf, wobei eindeutig der Galgenberg gemeint war und nicht der Gallberg im Westen der Stadt zwischen Bockfeld und Finkenberg.[2]
Der Galgen, schon Anfang des 14. Jahrhunderts erwähnt, diente sowohl der Altstadt wie der Neustadt als Richtstätte. Er war weithin sichtbar, da der Galgenberg früher unbewaldet war.
So erfüllte der über den Berg aufragende Galgen auch einen abschreckenden Zweck.
Die kahle Berghöhe eignete sich auch als Standort für die Warte. Von diesem Wachturm aus konnten Wächter im 14. und 15. Jahrhundert herannahende Feinde erkennen und beobachten und durch Hornsignale die Bevölkerung warnen.
Die Warte wurde im 15. Jahrhundert zerstört und geriet in Vergessenheit. Im 19. Jahrhundert, nach Bergung des Silberfunds am Fuße des Galgenbergs,[3]vermutete man hier sogar germanisches Heiligtum, in welchem Hermann der Cherusker ein in der Varusschlacht erbeutetes römisches Tafelgeschirr als Weihegeschenk heidnischen Priestern übergeben haben sollte.
Nachdem im Jahr 1809 der Galgen auf Weisung der für Hildesheim zuständigen westfälischen Regierung beseitigt worden war, erhielt der Galgenberg schon wenige Jahre später ein neues Wahrzeichen: eine Windmühle. Diese nutzte den kahlen den kahlen Bergrücken, wo der Wind ungehindert in die Flügel greifen konnte. Warum der Galgenberg unbewaldet war, ist bis heute nicht geklärt.
Die Abhänge des Galgenbergs waren früher bis an die Befestigungsanlagen der Neustadt mit Gärten, Äckern und Weiden bedeckt. Das zeigt der Ausschnitt einer Grundrisskarte von 1719.[4]
Auf der Karte sieht man auch einen Teil der befestigten Stadt zwischen Hagentor(oberer Rand) und Goschentor(unterer Rand). Früher umschloß ein fester Ring aus Mauern, Türmen und Wallanlagen mit vorgelagerten Gräben die Stadt. Vom Ostertor führte eine Straße nach Braunschweig (heute Einumer Straße), ein weiterer Weg diagonal über die Steingrube, über die heutige Galgenbergstraße und Windmühlenstraße zum Galgenberg. Damals sind auf dem Galgenberg nur der Galgen und die Pappenheimer Schanze eingezeichnet.
Zwei wichtige Quellen des Galgenbergs sind auf der Karte eingezeichnet. Im Norden, am Fuße des Galgenbergs, entspringt die Ortsschlumpenquelle, die zur Wasserversorgung der der Altstadt Hildesheim beitrug und auch heute noch genutzt wird. Im Süden, in der Senke zwischen Galgenberg und Spitzhut, entspringt die Beuke. Sie versorgte zusammen mit weiteren kleinen Quellen den Neustädter Ziegelhof und und die Neustadt Hildesheim mit Wasser. Heute speist sie die Tonkuhle und fließt zunächst kanalisiert weiter. Erst vor dem Tunnel der Eisenbahnlinie an der Quedlingburger Straße tritt sie zutage und schlängelt sich dann durch das Lönswäldchen zur Innerste.
Interessant ist, dass 1719 noch keine Besiedlungsgebiete auf dem Galgenberg zu erkennen sind. Das ist verständlich, denn früher fühlten sich die Hildesheimer nur innerhalb der Befesftigungsanlagen geschützt. Auch durften außerhalb der Stadtmauern jahrhundertelang keine festen Gebäude errichtet werden, da sie als Stützpunkte von Feinden mißbraucht werden konnten.
Im Jahre 1757, während des Siebenjährigen Krieges, besetzten die Franzosen Hildesheim. Prinz Heinrich von Preußen konnte ein Jahr später die Franzosen vertreiben.[5] Da seine Truppenstärke aber im Falle einer erneuten Besatzung durch die Franzosen für eine nochmalige Eroberung nicht ausgereicht hätte, befahl er die Schleifung der Befestigungsanlagen. Das Goschentor wurde daraufhin 1761 gesprengt. Ein Wiederaufbau lohnte sich in den folgenden Jahren nicht. Durch die fortschreitende Kriegstechnik verloren die veralteten Befestigungsanlagen ihren Sinn.
Durch steigende Einwohnerzahlen in Hildesheim von 1850 15.000 bis 1900 43000 wurde der Platz innerhalb der Stadt immer enger und so musste sich das Stadtgebiet zwangsläufig vergrößern.
Auch das damalige Neustadtfeld mit dem Galgenberg wurde 1864 mit dem Stadtgebiet vereinigt.
Störende Wallanlagen ließ die Stadt einebnen, so auch im Jahr 1872 die östliche Wallanlage der Neustadt, die zur Sedanallee umgewandelt wurde.
Bedingt durch die drangvolle enge im Stadtzentrum von Hildesheim veranlaßten die damaligen Stadtväter, stadtnahe Erholungsgebiete für die Bevölkerung einzurichten. Mitte des 19. Jahrunderts begann die Aufforstung des Galgenbergs.
Zur Beaufsichtigung der Anpflanzung wurde ein Forstaufseher eingestellt. Für den auch 1864/65 ein einfaches Forsthaus mit Gastzimmer auf dem Galgenberg gebaut wurde, in dem er außerdem auch Getränke ausschenken durfte. Das war die Keimzelle des heutigen Galgenbergrestaurants.
1886 wurde anlässlich des Abschlusses der Aufforstung der „Gelbe-Turm“ auf dem Spitzhut, einem Teil des Galgenberg Höhenzugs, errichtet. Er war für die Hildesheimer ein beliebtes Ausflugsziel.[6]
Nach vielen Jahren der Nutzung war der Turm baufällig geworden und der Eingang zum Turm abgesperrt. Die Absicht der Hildesheimer Bauverwaltung, den Turm endgültig zu beseitigen, führte 1996 zur Gründung einer Bürgerinitiative – dem Verein zur Rettung des Gelben Turms.
Durch Geldspenden der Hildesheimer Bürger und Unternehmen konnte eine umfassende Sanierung des Turmes erfolgen. Zudem wurde auf dem Turm als Metallkonstruktion eine Sternwarteerrichtet, die weithin sichtbar ist. Die Sternwarte kann seit dem Frühjahr 1999 unter Leitung der Volkshochschule Hildesheim regelmäßig besucht werden und beherbergt das größte Spiegelteleskop in Südniedersachsen.
Quellen:
Johannes Heinrich Gebauer: Geschichte der Stadt Hildesheim.
Zwei Bände, Lax, Hildesheim/Leipzig 1922/24.
Boetzkes, Manfred; Stein, Helga(Hrsg): Der Hildesheimer Silberfund.Gebrüder Gerstenberg, Hildesheim 1997.
Brinkmann, Freidrich; Germer, Andrea; Meier-Hilbert, Gerhard; Nolte, Josef; Overesch, Manfred; Toetzke, Christof; Voßeler; Wolfgang: Hildesheim – Stadt und Raum zwischen Börde und Bergland.
Verlag Gebrüder Gerstenberg, Hildesheim 2001.
de.wikipedia.org/wiki/Galgenberg_(Hildesheim)
www.facebook.com/pages/Galgenberg/131585323558239
www.bismarcktuerme.de/ebene4/nieders/hildesh.html
www.hildesheim.city-map.de/02010800/gelber-turm-und-sternwarte
www.vhs-hildesheim.de/gelber_turm/turm.htm
www.spiegel.de/spiegel/print/d-46266059.html
[1] Pelzer, Guido: Dem Jurameer entsprungen – Erdgeschichte zum Glagenberg, 2003, S. 72.
[2] Gerland, Otto: Was uns der Galgenberg erzählt, in: Alt Hildesheim, 3, 1929, S.14.
[3] Zugriff am 29.03.2011 unter: www.facebook.com/pages/Galgenberg/131585323558239
[4] Gebauer, Johannes Heinrich: Niedersächsicher Städteatlas, II. Einzelne Städte: Hildesheim, Tafel 1, Braunschweig und Hamburg 1933.
[5] Germer, Andrea: Geschichte der Stadt Hildesheim bis 1945, in Hildesheim Stadt und Raum zwischen Börde und Bergland. 2001. S.83.
[6] Zugriff am 18.04.2011 unter www.hildesheim.city-map.de/02010800/gelber-turm-und-sternwarte