Online publizieren: Blättern, knicken – wischen, klicken

Monday, 16. February 2015 um 17:17 Uhr

Klick statt Knick: Weltweit und kostenfrei verfügbar – mit dem „Online-Publishing“ entsteht ein digitales Gedächtnis der Hildesheimer Universität. Erste Erkenntnisse gibt es aus der Politikdidaktik über internationale Schulpartnerschaften. Ein Klick ins Netz – die vollen 264 Seiten stehen online.

Begegnungen haben eine „fundamentale Bedeutung für das biographische Lernen bei Schülerinnen und Schülern“. Kaum ist der letzte Satz notiert, sind die 264 Seiten weltweit kostenfrei verfügbar: Im Oktober hat Jessica Schwarz ihre Dissertation „Die Wiederentdeckung der Begegnung in der politischen Bildung" (Volltext online) verteidigt.

Die Politikwissenschaftlerin untersucht am Institut für Sozialwissenschaften, wie Globales Lernen in internationalen Schulpartnerschaften stattfindet. Dabei betrachtet sie die Zusammenarbeit von niedersächsischen Schulen mit Partnern in Brasilien, Costa Rica, Gambia, Kenia, Niger, Tansania und auf den Philippinen. Politische Kinder- und Jugendbildung konfrontiere die Jugendlichen „mit Themen, die erst mit einem bestimmten Alter oder einer gewissen biographischen Reife (Wahlen, Unterschriftenaktionen, Demonstrationen) ihre volle Relevanz für das Individuum entfalten“, so Schwarz. Politische Problembestände seien „nicht mehr lokalisiert oder ausschließlich national geprägt“. Darauf müssen Kinder und Jugendliche vorbereitet werden. Die Politikwissenschaftlerin weist darauf hin, dass Schulpartnerschaften geeignet sind, „um Wissensvermittlung über globale Zusammenhänge mit persönlichkeitswirksamen Erfahrungen der Begegnung mit einem vormals geographisch entfernten Kulturraum zu verbinden“.

Diese Arbeit bildet den Auftakt der Reihe „Hildesheimer Studien zur Fachdidaktik“, herausgegeben von den Professoren Peter Frei, Katrin Hauenschild, Irene Pieper und Barbara Schmidt-Thieme im Universitätsverlag Hildesheim. In den beinahe 20 Verlagsjahren entstanden über 60 Printpublikationen. Wer über das technische Know-how verfügt, konnte und kann auf dem HilDok-Server der Universitätsbibliothek seine Beiträge auch als Online-Ausgabe einstellen. Künftig sollen im Verlag neue wissenschaftliche Reihen ins Leben gerufen und umfassend redaktionell betreut werden. Mit diesem neuen „Online-Publishing“ entsteht ein digitales Gedächtnis der Hildesheimer Universität, kostenfrei und weltweit verfügbar.

Blättern und knicken oder wischen und klicken? „Wir möchten Universitätsmitgliedern die Möglichkeit bieten, ihre wissenschaftlichen Erträge schnell und in ansprechendem Layout zu publizieren“, sagt Mario Müller, Editorial Director Print & Digital Publishing des Universitätsverlages. „Wissenschaftlich arbeiten heißt heute zu einem großen Teil online zu recherchieren. Als Historiker gelange ich an sehr alte Quellen und handschriftliches Material, kann von Hildesheim aus die Bestände in New York und London einsehen – das ist ein Traum. Durch die Online-Recherche wird die wissenschaftliche Arbeit nicht oberflächlicher, sondern intensiver, da ich mir Originale anschauen kann, die sonst in Depots unter Verschluss sind.“ Der größte Feind der Bibliothek ist der Nutzer, schrieb Umberto Eco. „Diesen Eindruck hatte man lange, wichtig war der schonende Umgang mit dem Material. Aber nun bietet das Internet völlig neue Möglichkeit der Rezeption: Einmal gescannt und schon kann man sehen, was geschrieben steht, auch Randnotizen und Nutzungsspuren nachvollziehen“, sagt der habilitierte Historiker. Bisher waren gerade kleine Universitätsstandorte im Nachteil – die Auswahl an Medien ist begrenzt, der Raum knapp bemessen. Zwar arbeiten Forscher und Studierende per Fernleihe – jemand holt das gewünschte Buch hervor, schickt es auf dem Postweg nach Hildesheim, bis es wieder an den Ursprungsort zurückgesandt wird –, das ist aber umständlicher als der Klick im Netz.

Online zu veröffentlichen biete für alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neue Möglichkeiten. „Die Werke sind wie im Printbereich über Fachportale recherchierbar und in der Deutschen Nationalbibliothek verzeichnet. Der Universitätsverlag arbeitet nicht gewinnorientiert, wir wollen Wissen flexibel und transparent zur Verfügung stellen“, so Müller.


Jessica Schwarz untersucht, was Jugendliche in internationalen Schulpartnerschaften lernen. Ihre Dissertation in der Politikdidaktik bildet den Auftakt einer fachdidaktischen Reihe im Online-Publishing. Leser, im Bild eine Hildesheimer Psychologiestudentin, können nun online auf Publikationen des Hildesheimer Universitätsverlages zugreifen, so Mario Müller. Weltweit und kostenfrei. Fotos: Isa Lange/Uni Hildesheim

Jessica Schwarz untersucht, was Jugendliche in internationalen Schulpartnerschaften lernen. Ihre Dissertation in der Politikdidaktik bildet den Auftakt einer fachdidaktischen Reihe im Online-Publishing. Leser, im Bild eine Hildesheimer Psychologiestudentin, können nun online auf Publikationen des Hildesheimer Universitätsverlages zugreifen, so Mario Müller. Weltweit und kostenfrei. Fotos: Isa Lange/Uni Hildesheim