Auf den Spuren Postsozialistischer Erinnerungskultur in Leipzig und Berlin

Thursday, 04. April 2024 um 15:21 Uhr

Der Umbau der Neuen Wache in der Ost-Berliner Friedrichstraße, Abriss der Lenin-Statue und des Palastes der Republik, die Umbenennung von Straßen…. Wie wurde in Deutschland nach dem Beitritt der DDR zum Gebiet der Bundesrepublik mit der sozialistischen Vergangenheit umgegangen? Wer entschied über was? Wie wird heute öffentlich an die DDR erinnert, welche Narrative bestehen und wie werden diese ausgehandelt?

Nachdem Dr. Anja Schade im November 2023 bereits nach Sarajevo reiste, um die Erinnerungspolitik in Bosnien und Herzegowina kennenzulernen, kamen die beiden Kolleg*innen der Universität Sarajevo Amina Vertes und Dr. Jasmin Hasanovic nun vom 10.-17. März 2024 nach Deutschland. Bei einem Besuch in Leipzig und Berlin spürten sie der ostdeutschen sozialistischen Vergangenheit und ihren öffentlichen Repräsentationen nach. Im Zentrum des Besuchs lagen neben der Auseinandersetzung mit abgerissenen Wahrzeichen der DDR und der Berliner Mauer ein Besuch des Archivs Bürgerbewegung Leipzig (ABL e.V.) und des Zeitgeschichtlichen Forums sowie ein Workshop in der Stiftung Friedliche Revolution, unter deren Dach aktuell die Entstehung eines Freiheitsdenkmals in Leipzig moderiert wird.

Für das Wintersemester 2024/25 sowie für das Sommersemester 2025 planen die Fachbereiche Politische Wissenschaft der Universität Hildesheim und der University of Sarajevo ein gemeinsames Seminar. In den beiden Semestern werden Studierende jeweils den Umgang mit der sozialistischen Vergangenheit in beiden Ländern kennenlernen. Durch Gelder von Erasmus+ werden zudem mehrtägige Studienaufenthalte in Bosnien und Deutschland ermöglicht.

A.S.


Besuch im Leipziger Zeitgeschichtlichen Forum, das sich mit der Geschichte der DDR befasst. Im Hintergrund des Fotos deutlich zu erkennen: das Marx-Engels-Forum vor dem Palast der Republik in Ost-Berlin. Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik wurde der Palast der Republik zunächst Asbest-saniert. Auf Grundlage eines Bundestagsbeschlusses im Jahr 2003 wurde er später trotz nationaler und internationaler Proteste abgerissen. Foto: Anja Schade

Das heutige Marx-Engels Forum in Berlin – nun vor dem neu errichteten Humboldt-Forum. Dieses wurde auf den Ruinen des Palastes der Republik erbaut, die Frontseite ist im Stil des ehemaligen Stadtschlosses gestaltet. Die Kuppel schließt mit einem Kreuz und einem Reichsapfel ab. Während also das Erbe der DDR abgetragen wurde, stellte man sich architektonisch nun in die Tradition der Hohenzollern, denen das Schloss als Königsresidenz und später als Wohnsitz Kaiser Wilhelm des II diente. Foto: Anja Schade

Hauswand in der Leipziger Innenstadt. Das Wandgemälde des Künstlers Michael Fischer erinnert an die Montagsdemonstrationen ab Oktober 1989 in Leipzig. Die Aufschrift des Banners „Wir sind das Volk“ (im Gemälde oben links) rekurriert auf die frühen Forderungen, den Sozialismus zu reformieren. Erst im Laufe der anhaltenden Proteste wandelte sich der Ruf in „Wir sind ein Volk“. Foto: Anja Schade

Braucht es ein weiteres Denkmal für die Friedliche Revolution in Leipzig? Wie soll es aussehen, wo platziert sein? Im Jahr 2008 beschließt der Bundestag, dass neben Berlin auch in Leipzig ein Freiheits- und Einheitsdenkmal errichtet werden soll. Seit 2017 ist die Stiftung Friedliche Revolution damit beauftragt, das Wettbewerbsverfahren und die begleitende Beteiligung durch Stadt- und Zivilgesellschaft zu organisieren. Im Rahmen des Begleitungsprogramms werden in einer Denkmalwerkstatt öffentliche Räume für erinnerungskulturelle und demokratiepolitische Debatten geschaffen. Wir haben Mitarbeitende der Stiftung besucht und kamen mit ihnen ins Gespräch. Foto: Anja Schade